Philipp Rösler im Interview "Ökostrom muss sich am Markt behaupten"

Der Bundeswirtschaftsminister will die Vergütung für erneuerbare Energien stärker an Nachfrage und Netzausbau koppeln. Im Interview mit unserer Redaktion spricht Rösler auch über das Streit-Thema Fracking.

Diese Arten der Stromerzeugung gibt es
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In der EU-Klimapolitik wird Deutschland vorgeworfen, nicht mehr Antreiber, sondern Bremser zu sein. Sie blockieren die geforderte Reduzierung der Verschmutzungszertifikate für die Industrie. Warum?

Rösler In der Klimapolitik sind wir eindeutig Vorreiter. Wir haben in Europa das im Kyoto-Protokoll vereinbarte CO2-Reduktionsziel bereits erreicht: Die Treibhausgase sind gegenüber 1990 um acht Prozent zurückgegangen. Deutschland hat bis heute seine Emissionen um 26 Prozent gemindert und damit drei Viertel der europäischen Emissionsminderung geleistet. Der Emissionshandel stellt sicher, dass das EU-weite Minderungsziel minus 30 Prozent bis 2020 ebenfalls erreicht wird — und das zu niedrigen Kosten. Deutschland hat sich sogar weitergehende Minderungsziele gesetzt, die bei anderen Staaten in diesem Umfang nicht zu sehen sind. Von einer Bremserfunktion kann also nicht die Rede sein. Das Gegenteil ist der Fall. Wir sind gut beraten, dabei zu bleiben. Wir dürfen nicht das Vertrauen und die Planungssicherheit für unsere Unternehmen erschüttern, indem wir jetzt politisch in ein funktionierendes Marktsystem eingreifen. Das würde am Ende viele Arbeitsplätze gefährden.

Auch steigende Strompreise können die Wirtschaft schwächen. Was wollen Sie gegen den Preisanstieg tun?

Rösler Wir brauchen eine grundlegende Reform des Fördersystems für erneuerbare Energien, denn das ist der Hauptkostentreiber. Die Vorschläge für eine Strompreisbremse waren ein erster guter Fortschritt. Die Umsetzung der Strompreisbremse ist bisher vor allem an den Grünen gescheitert, denn sie haben notwendige Einschnitte bei der Ökostrombranche abgelehnt. Dabei ist es die üppige Vergütung der Ökostrombranche, die jeder mit der eigenen Stromrechnung bezahlt und die den Preis nach oben treibt.

Wie soll eine grundlegende Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) konkret aussehen?

Rösler Im Endergebnis wollen wir aus dem jetzigen planwirtschaftlichen und ineffizienten EEG-Fördersystem der auf 20 Jahre garantierten Vergütungssätze für Ökostrom heraus. Mit mehr Markt und Wettbewerb. Die FDP hat dazu Vorschläge gemacht. Der Ausbau der erneuerbaren Energien muss stärker mit dem Ausbau der Stromnetze verzahnt werden. Zudem muss die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien stärker auf Nachfragesignale reagieren. Der Ökostrom sollte von den Produzenten direkt vermarktet werden. Ziel muss es sein, dass die Ökostromlieferanten einen größeren Anreiz bekommen, ihr Stromangebot stärker am tatsächlichen Bedarf auszurichten. Wir wollen dahin kommen, dass Solarstromanbieter nicht nur mittags ihren Strom anbieten, wenn die Sonne besonders stark scheint. Mittelfristig müssen sich die erneuerbaren Energien gänzlich am Markt behaupten.

Was planen Sie nach der Wahl zur Steigerung der Energieeffizienz?

Rösler Gerade im Gebäudebereich liegen hohe Einsparpotenziale. Ein Steuerbonus für Investitionen in die energetische Gebäudesanierung, wie wir ihn geplant haben, bleibt auf der Tagesordnung. Es ist bedauerlich, dass Rot-Grün dies bislang ablehnt.

Die USA haben große Erfolge mit der Förderung von Schiefergas, dem Fracking. Wie sehr beeinträchtigt das die deutsche Energiewende?

Rösler In den USA sinken die Energiepreise. Die Situation in Deutschland ist allerdings nicht mit der in den Vereinigten Staaten vergleichbar, auch weil die Vorkommen dort viel größer sind. Wir sollten uns auf den Umbau der Energieversorgung in Deutschland konzentrieren und das machen wir. Bezahlbarer Strom durch eine grundlegende Reform des EEG sowie der Ausbau der Netzstrukturen sind jetzt entscheidend.

(mar)
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