Kabinettsklausur auf Schloss Meseberg Regieren die noch?
Gransee/Berlin · Gut ein Jahr vor der Bundestagswahl hat sich das Bundeskabinett im malerischen Barockschlösschen Meseberg zur Klausur getroffen. Wer verhandelt da eigentlich? Und von wem ist bis 2017 noch etwas zu erwarten?
Sie war die Meisterin politischer Kehrtwenden. Nun bleibt sie trotz Dauerfeuer aus der CSU und sinkender Popularität im Volk bei ihrer Haltung, dass die Flüchtlingskrise nur europäisch gelöst werden kann. Während sich die Kanzlerin in der Innenpolitik von der Elektroauto-Prämie bis zur Erbschaftssteuer flexbiel wie immer zeigt, bleibt sie beim Flüchtlingsthema standhaft. Damit ist das Thema eine Hypothek für einen gemeinsamen erfolgreichen Bundestagswahlkampf von CDU und CSU.
Mal gibt er den Ludwig Erhard, mal macht er den Klassenkämpfer. Seiner Partei muss er immer wieder aufs Neue beweisen, dass er sich als Wirtschaftsminister und Vizekanzler von der Union nicht über den Tisch ziehen lässt. Das Problem wird mit beginnendem Wahlkampf zunehmen.
Der Kanzleramtsminister ist schon durch seine Jobbeschreibung Merkels loyalster Mann. Er ist Flüchtlingskoordinator, aber auch Berufsoptimist, was die politische Lage angeht, Flohsack-Hüter für die Länder und Dompteur der Koalition. Er wird in den kommenden Monaten als Konfliktlöser gefragt sein.
Der Außenminister ist auf dem Weg zu einem ähnlichen Status wie einst Hans-Dietrich Genscher. Er ist mit seinem Amt verwachsen und im Volk der mit Abstand beliebteste Vertreter seiner Partei. Dennoch will er nicht noch einmal als Kanzlerkandidat antreten.Die Arbeitsbiene: Andrea Nahles (SPD)
Die Verteidigungsministerin hat ihre Truppe inzwischen fest im Griff. Alle Fallgruben, die das Amt bietet, hat sie mithilfe ihrer Rüstungsstaatssekretärin Katrin Suder zugeschaufelt. Weitere Karriereschritte hat sie im Visier: Man munkelt, sie wolle Schäuble nachfolgen.
Ein Männermagazin kürte den Justizminister zum bestangezogenen Mann Deutschlands. Er turtelte öffentlich mit Schauspielerin Natalia Wörner. Und auch sonst macht Maas ständig von sich reden: Er gibt bei Integration und Flüchtlingen, Kriminalität und Extremismus den heimlichen Innenminister.
Politischen Nahkampf beherrscht der Verkehrsminister wie kein Zweiter. Seine harsche Kritik an der Flüchtlingspolitik der Kanzlerin hat ihn in die Außenseiterrolle gebracht. Im Streit um die Maut droht ihm, was Horst Seehofer bei Dobrindt für ausgeschlossen hielt: ein Scheitern.
Auf der Straße würde sie kaum jemand erkennen, obwohl die Umweltministerin sogar der "Heute-Show" launig Interviews gibt. Wenn es um die Umwelt geht, wird sie emotional: Beim Beschluss des Klimagipfels in Paris standen ihr Tränen in den Augen. Nun will sie noch alten Diesel-Stinkern zu Leibe rücken.
Beim Entwicklungsminister ist man immer wieder versucht zu googeln, welches Parteibuch er eigentlich hat. So legte er sich ausgerechnet mit dem Sportartikelhersteller Adidas an, dem er Niedriglohn-Politik in Fernost vorwarf. Für Überraschungen ist Müller immer gut.
Der Finanzminister kann dank guter Konjunktur dauernd Geld verteilen, ohne Schulden zu machen. Das hilft ihm in seiner Lieblingsrolle des mächtigen Nebenkanzlers. Von Altersmilde lässt der 73-Jährige wenig spüren. Er gilt immer noch als Joker: Ersatzkanzler oder Bundespräsident.
Der Innenminister ist häufig Zielscheibe für Spott. Er erträgt es mit preußischer Selbstbeherrschung. Nach Turbulenzen zu seinen öffentlichen Terror-Einschätzungen ist er gerade wieder in ruhigerem Fahrwasser unterwegs. Als konservativer CDU-Mann bleibt er in der Flüchtlingspolitik ein Korrektiv zur Kanzlerin.
Die Sozialministerin hat für die SPD Mindestlohn und Rente mit 63 durchgesetzt. Sie arbeitet wie am Fließband, Zeitarbeits- und Rentenreform will sie noch schaffen. Die Union respektiert die einst krawallige Juso-Vorsitzende. Doch die SPD will sie zu Höherem nicht berufen.
Einst als "Küsten-Barbie" geschmäht, macht die Familienministerin ihren Job. Frauenquote, Kita-Ausbau, Elterngeld Plus sind ihr Antrieb, Finanzminister Schäuble ihr Lieblingsgegner. Dass sie als ideologiegetrieben kritisiert wird, nimmt sie in Kauf — auch bei ihrem nächsten Projekt, der Entgeltgleichheit.
Als Bildungs- und Forschungsministerin fühlt sich Wanka in akademischen Kreisen wohl, mit ihrer Politik dringt sie aber kaum zum Volk durch. Die Mathematikprofessorin hat regelmäßig Knatsch mit der SPD, gegen die sie eine Abwehrschlacht um die Aufhebung des Kooperationsverbots zwischen Bund und Ländern führt.
Der Gesundheitsminister aus Neuss fällt dadurch auf, dass er nicht auffällt. Die Gesundheitsbranche meint: Der macht seinen Job ordentlich, aber ohne Leidenschaft und Visionen. Es ist aber damit zu rechnen, dass der frühere Generalsekretär im Wahlkampf auftrumpfen wird.
Christian Schmidt war Spezialist für Verteidigungspolitik, als er überraschend Landwirtschaftsminister wurde. Nun setzt er sich für die Rettung männlicher Küken und Glyphosat auf den Feldern ein. Auf dem Acker wird er wohl nicht mehr Tritt fassen.