Machtkampf in der CSU Seehofer treibt Söder in die Enge

Berlin · Der Ministerpräsident verwehrt dem Finanzminister die Nachfolge - und bietet ihm den CSU-Vorsitz 2017 an.

 Trotz des Lachens harte Widersacher: Söder, Seehofer.

Trotz des Lachens harte Widersacher: Söder, Seehofer.

Foto: dpa, shp nic

Viele Politiker lieben es, das Spiel über Bande. Die CSU hat darin als bayerische Regionalpartei und zugleich bundespolitische Kraft eine hohe Kunst entwickelt. Meisterliches lieferte Partei- und Regierungschef Horst Seehofer am Abend im ZDF ab. "Was nun, Herr Seehofer?", lautete der Titel. Doch elf Tage vor dem CSU-Parteitag machte Seehofer daraus vor allem eine Botschaft: "Was nun, Markus?"

Dabei nahm er in den entscheidenden Passagen den Namen seines Finanzministers Markus Söder nicht einmal in den Mund. Aber in Bayern weiß jede Brezn, dass Söder den Tag kaum noch abwarten kann, an dem er Seehofer als Ministerpräsident und CSU-Chef ablöst. Und das natürlich rechtzeitig vor der Landtagswahl 2018, damit er mit Amtsbonus in den Wahlkampf starten kann. Lesart bisher: Den Zeitpunkt fixiert Seehofer im Lichte des Ergebnisses der Bundestagswahl im nächsten September.

"Nein heißt Nein"

Nun hat er das Licht schon vorher ausgeknipst. Wer als Christsozialer nur den Zusammenbruch des weiß-blauen Himmels als Option für einen vorzeitigen Verzicht aufs Regierungsamt zulässt, der wählt die bayerische Variante des strafbewehrten Rechtssatzes "Nein heißt Nein." Zugleich spekuliert Seehofer über sein eigenes Ende als Parteichef, und zwar schon 2017, um das Personal der CSU breiter aufzustellen, sprich, um Söder als neuen CSU-Chef im Bundeskabinett zu platzieren.

Der will sich nicht abschieben lassen. Schließlich hat er in den vergangenen Jahren die Möglichkeiten des Finanzministers dazu genutzt, eine Mehrheit der Abgeordneten sich gewogen zu machen, Bewilligungsbescheid für Bewilligungsbescheid, Landeszuschuss für Landeszuschuss, Projekt für Projekt. Und das soll nun mit einer einzigen ZDF-Sendung alles vergebens gewesen sein?

Jeder CSU-Funktionär zittert dem CSU-Parteitag entgegen. Das sind nicht berechenbare Profi-Delegierte. Das sind tausend Parteimitglieder, ganz viele direkt von der Basis. Die mochten es in der Vergangenheit schon nicht sonderlich, wenn der Seehofer den Söder zu sehr in den Senkel stellte. Sie mochten es aber auch nicht, wenn der Söder zu sehr auftrumpfte.

Nun hat Seehofer den Graben für Söder zur Staatskanzlei vertieft, zugleich aber auch eine Brücke zur CSU-Zentrale und nach Berlin gebaut. Aus Delegiertensicht könnte das gerecht erscheinen. Zumal einer, der schon mal CSU-Chef ist, sich durchaus Chancen ausrechnen darf, bei der Nachfolge Seehofers als Ministerpräsident ein gewichtiges Wort mitzureden. In der Nach-Nachfolge Seehofers ohnehin.

Hinter diesem Beben um die Macht in Bayern tritt der schief sitzende Haussegen zwischen CSU und CDU um die künftige Flüchtlingspolitik zurück. Die monatelang auch von oben aufgepeitschte Stimmung gegen Kanzlerin Angela Merkel kann sich in unharmonischen Szenen auswirken, wenn die CDU-Chefin wie in jedem Jahr der CSU beim Parteitag ihre Aufwartung macht. Deshalb wird die CSU aller Voraussicht nach nächsten Montag daran festhalten, in diesem Jahr auf die formelle Einladung an die Chefin der Schwesterpartei zu verzichten.

"Nicht dramatisch"

Im CDU-Präsidium baute Merkel bereits vor: Es sei "nicht dramatisch", wenn in diesem Jahr die Visite bei der CSU ausfalle. In unguter Erinnerung hat Merkel noch, wie Seehofer sie vor einem Jahr wegen des Streits um die Obergrenze auf der Bühne demütigte. Das müssten sich alle Seiten nicht noch mal antun, heißt es bereits seit Wochen aus beiden Parteizentralen. Das bedeutet nicht, dass sich nicht Seehofer und Merkel regelmäßig abstimmen und Ende der Woche etwa in Berlin über die Weichenstellung für die Rente reden.

Bis Januar wollen sich CDU und CSU über ihre Gemeinsamkeiten klar geworden sein. Dann kann auch wieder am Binnenklima gebastelt werden. Bei der CDU stehen alle Zeichen auf eine neue Kandidatur Merkels als Partei- und Regierungschefin. Bleibt zu klären, wer Merkel beim CSU-Parteitag 2017 begrüßt: Seehofer oder Söder?

(may-)
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