Spanien gerät an den Finanzmärkten immer mehr unter Druck Braucht Spanien den Rettungsschirm?

Die Zinsen für zehnjährige Staatsanleihen steigen erstmals in diesem Jahr über sechs Prozent. Viele Experten halten dieses Zinsniveau langfristig für unfinanzierbar: Spanien könnte bald ein Fall für den ESM werden. Europa fordert vor der IWF-Frühjahrstagung mehr Hilfe von außerhalb.

Berlin/Frankfurt Spanien gerät an den Finanzmärkten immer mehr unter Druck: Die Zinsen für zehnjährige spanische Staatsanleihen stiegen gestern erstmals in diesem Jahr wieder über die Sechs-Prozent-Marke. Madrid musste Investoren eine Rendite von 6,12 Prozent anbieten. Anfang Februar hatte sie noch unter fünf Prozent gelegen. Die Zinsversprechen für deutsche Bundesanleihen fielen dagegen auf das Rekordtief von 1,63 Prozent. Die Kosten für Kreditausfallversicherungen spanischer Anleihen kletterten auf ein Rekordhoch.

Ein Zinsniveau von mehr als sechs Prozent über einen längeren Zeitraum werde Spanien finanziell überfordern, meinen viele Finanzexperten. Verharre das Zinsniveau über dieser Marke, könnte die viertgrößte Volkswirtschaft des Euro-Raums bald schon ein Fall für den Euro-Rettungsschirm werden — ein Szenario, das eine erneute Zuspitzung der europäischen Finanzkrise bedeuten würde.

Spanien würde ein Vielfaches der Hilfen benötigen, die derzeit für Griechenland, Portugal und Irland anfallen. Wohl auch vor diesem Hintergrund hat der "Außenminister" der Europäischen Zentralbank (EZB), der Deutsche Jörg Asmussen, die übrigen Staaten der Welt ermahnt, sich an bereits getroffene Vereinbarungen zu halten und die Mittel des Internationalen Währungsfonds (IWF) für europäische Rettungsmanöver aufzustocken.

Die EZB hatte die Märkte seit November beruhigt, indem sie die Banken massiv mit billigem Geld versorgt hat. Daraufhin hatte sich die Lage für Spanien und Italien an den Anleihemärkten deutlich entspannt. Doch nun scheint das Misstrauen der Investoren zurückzukehren. "Die EZB hat mit ihren Aktionen Zeit gekauft und Liquidität bereitgestellt, aber sie war nie in der Lage, etwas für die Bonität zu tun", sagte Investec-Analystin Elisabeth Afseth.

Die Kreditwürdigkeit Spaniens ist gesunken, weil die Konjunktur deutlich schwächelt. Die Wirtschaft ist nach Einschätzung der Regierung im ersten Jahresquartal geschrumpft und steckt damit erneut in einer Rezession. Zudem haben sich spanische Banken vollgesogen mit billigem EZB-Geld. Sie liehen sich im März 316 Milliarden Euro bei der Zentralbank — etwa doppelt so viel wie noch im Februar. An den Märkten wird gerätselt, warum spanische Banken so viel mehr Geld benötigen und was sie damit tun.

"Wir sind zurück im Krisenmodus", sagte Rabobank-Analyst Lyn Graham-Taylor der Agentur Reuters. "Es sieht immer mehr danach aus, als ob Spanien irgendeine Art von Rettung braucht." Griechenland, Irland und Portugal hätten bei einem Zinsniveau von gut sieben Prozent unter den Euro-Rettungsschirm flüchten müssen.

Erneut beginnt daher nun die Debatte, ob die Rettungsschirme groß genug sind, sollte nach Spanien auch noch Italien Hilfen benötigen. Erst unlängst hatte die Bundesregierung eingewilligt, die Rettungsschirme ESM und EFSF bis zum Frühjahr 2013 parallel laufen zu lassen, so dass insgesamt bis zu 800 Milliarden Euro bereit stünden.

Doch auch das könnte noch zu wenig sein — vor allem, wenn der Internationale Währungsfonds (IWF) weniger flankierende Hilfen bereitstellen sollte als geplant. Brasilien hatte erklärt, mehr IWF-Kredite für die Euro-Rettung würden auf der in dieser Woche in Washington beginnenden IWF-Frühjahrstagung voraussichtlich noch nicht bewilligt. Dies stehe erst Mitte des Jahres an.

(RP/jh-)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort