Neuausrichtung der Asylpolitik Berlin will Verlagerung von Asylverfahren nach Afrika prüfen
Frankfurt · Auf Joachim Stamp wartet jede Menge Arbeit. Der neue Sonderbevollmächtigte des Bundes für Migrationsabkommen plant eine Neuausrichtung der Asylpolitik. Mit Widerstand ist zu rechnen.

Das ist FDP-Spitzenkandidat Joachim Stamp
Eine Neuausrichtung der deutschen Asylpolitik hat der neue Sonderbevollmächtigte der Bundesregierung für Migrationsabkommen, Joachim Stamp (FDP), angekündigt. So wolle die Ampelregierung die Verlegung von Asylverfahren nach Afrika prüfen, sagte der frühere Integrationsminister von Nordrhein-Westfalen der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. Dann würden auf dem Mittelmeer gerettete Menschen für ihre Verfahren nach Nordafrika gebracht werden.
Stamp räumte ein, dass das sehr viel Diplomatie und einen langen Vorlauf erfordere. „Wir müssen uns die Entwicklungen in potenziellen Partnerländern genau anschauen. Es geht nicht um einen Schnellschuss, wie ihn der frühere britische Premier Boris Johnson mit Ruanda gemacht hat.“ Internationale Standards müssten auch in Afrika gewahrt bleiben. „Aber auf dieser Grundlage wollen wir tatsächlich darüber nachdenken.“
Stamp kündigte zudem an, er wolle durch „Migrationsabkommen“ mit Drittstaaten die irreguläre Einwanderung unter Kontrolle bringen: „Stacheldraht und Zäune allein reichen nicht aus, um irreguläre Migration zu stoppen“, betonte der Politiker. Entsprechende Abkommen könnten sicherstellen, „dass Menschen sich gar nicht erst in die Wüste begeben, nicht in seeuntaugliche Boote im Mittelmeer steigen und nicht über Stacheldrahtzäune klettern, nur um dann hier in einem Asylsystem zu landen, in das sie nicht gehören, da sie in ihren Ländern nicht verfolgt werden.“
Auch brauche es Aufklärung. „Ich habe in marokkanischen Elendsvierteln Jungs getroffen, die glaubten, dass sie bei uns fürs Fußballspielen bezahlt werden. Andere waren überzeugt, dass sie hier ohne Weiteres einen Job ausüben können, ohne Qualifikation.“
Ohne die Bereitschaft der Herkunftsländer, ihre ausreisepflichtigen Bürger wieder zurückzunehmen, werde das aber nicht funktionieren, sagte der FDP-Politiker. Deutschland solle daher den wichtigsten Herkunftsländern eine bestimmte Anzahl von regulären Visa bieten, sofern diese ihre Verpflichtung einhalten, Straftäter, Gefährder und abgelehnte Asylbewerber umstandslos wieder zurückzunehmen.
Eine begrenzte Zahl von Menschen solle sich regulär für den deutschen Arbeitsmarkt bewerben können, fügte Stamp hinzu. „Gerade in Südamerika gibt es zahlreiche junge Leute, darunter viele Frauen, die gerne bei uns in Mangelberufen wie der Pflege arbeiten würden.“
Gut integrierten Menschen will Stamp eine dauerhafte Bleibemöglichkeit bieten. Es gehe um Personen, „die zwar irregulär eingereist sind, die sich hier aber seit Jahren an alle Regeln halten. Menschen, die in den Arbeitsmarkt integriert sind und die Sprache lernen, deren Kinder in die Schule gehen, die ein selbstverständlicher Teil unserer Gesellschaft geworden sind“, sagte er der Zeitung.
Bei der Anerkennung von schulischen und beruflichen Abschlüssen sprach sich Stamp für mehr Flexibilität aus. „Hier müssen wir die Digitalisierung stärker nutzen, auch müssen die zuständigen Stellen personell aufgestockt werden.“