Afghanistan-Strategie Berlin lässt Obama in der Warteschleife

Berlin (RPO). Die Nato hat angekündigt, Barack Obamas Offensive in Afghanistan mit 7000 Soldaten unterstützen zu wollen. Die deutsche Bundesregierung jedoch hält sich bedeckt. Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) bekräftigte, dass sich Berlin mit seiner künftigen Afghanistan-Strategie Zeit lassen will.

Chronik: Schlüsseldaten zu Afghanistan
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Foto: AFP

Zunächst solle die Rede von US-Präsident Barack Obama ausgewertet und das weitere Vorgehen mit den Verbündeten besprochen werden, sagte Westerwelle vor der Bundestagsentscheidung zur Verlängerung des ISAF-Mandats am Donnerstag in Berlin. Er betonte zugleich, dass die Regierung das Gespräch mit allen Fraktionen im Parlament suchen werde.

Westerwelle sagte weiter, dass zunächst auf der Afghanistan-Konferenz Ende Januar in London über Ziele und Strategien gesprochen werden solle. Dies werde "keine Truppenstellerkonferenz" sein. Ihr würden vermutlich weitere internationale Treffen folgen, sagte der Außenminister. Der Bundestag wollte am frühen Donnerstagabend über die Verlängerung des ISAF-Mandats um ein Jahr entscheiden. Eine Mehrheit dafür galt als sicher.

Auf Druck der USA stocken die Verbündeten ihre Truppen in Afghanistan deutlich auf. NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen kündigte am Freitag beim Außenministertreffen in Brüssel mindestens 7000 zusätzliche Soldaten an. Das Weiße Haus zeigte sich "extrem zufrieden" mit den Zusagen für die Internationale Afghanistan-Truppe (ISAF).

Rasmussen sprach nach den Beratungen der 44 ISAF-Staaten von einem "großen Erfolg". Nach seinen Angaben wollen mindestens 25 Länder ihre Kontingente im kommenden Jahr erhöhen. Italien und Georgien wollen je 1000 zusätzliche Soldaten entsenden, Polen 600 und Großbritannien und Südkorea jeweils 500. Nach einer inoffiziellen NATO-Liste kommen unter anderem 400 Soldaten aus Südkorea und 240 aus der Slowakei dazu.

US-Außenministerin Hillary Clinton dankte den Verbündeten für ihre "starke Unterstützung". In ihrer Rede vor den Ministern sagte sie: "Dies ist unser gemeinsamer Kampf, und wir müssen ihn gemeinsam beenden." Clinton betonte, die USA wollten ihr Engagement für den zivilen Aufbau Afghanistans auch dann fortsetzen, wenn der letzte Soldat abgezogen sei.

Insgesamt wird die Afghanistan-Truppe damit um 37.000 Soldaten verstärkt. Eingerechnet sind die 30.000 Soldaten, die US-Präsident Barack Obama am Dienstag zugesagt hatte. Derzeit zählt die ISAF gut 83.000 Soldaten, davon stellen die USA mehr als die Hälfte.

Wenig später legte das US-Außenministerium jedoch nach. Die USA erwarteten, dass "in naher Zukunft" noch einmal "mehrere tausend" zusätzliche Soldaten in Afghanistan zum Einsatz kämen, erklärte Außenamtssprecher Ian Kelly am Freitag in Washington.

Bei der Bundesregierung stößt das zunächst auf taube Ohren. Sie will vor einer möglichen Truppenaufstockung die internationale Afghanistan-Konferenz abwarten, die am 28. Januar in London geplant ist. Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) betonte, er habe in der NATO viel Verständnis für die deutsche Haltung gefunden. "Niemand erwartet von uns, dass wir drei Tage nach der Rede Obamas zu allem Ja und Amen sagen", betonte er.

Der Außenminister bekräftigte, dass die Bundesregierung mehr für die Ausbildung der afghanischen Polizei tun wolle. Ein genaues Konzept habe er nach fünf Wochen im Amt noch nicht, räumte der Minister ein. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) fürchtet, dass Polizeibeamte in Afghanistan als "Lückenbüßer" für Soldaten herhalten müssen. Derzeit sind laut Diplomaten rund 160 deutsche Ausbilder in Afghanistan.

Auch Russland will die Zusammenarbeit mit der NATO in Afghanistan fortsetzen. Dabei gehe es vor allem um den Transit durch russisches Gebiet, sagte der russische Außenminister Sergej Lawrow in Brüssel.

Im Süden Afghanistans starteten unterdessen mehr als tausend ISAF-Soldaten aus den USA und Großbritannien eine Offensive gegen Aufständische. Die Provinz Helmand ist eine Hochburg der radikalislamischen Taliban.

(AFP/pst)
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