Wahlchaos in der Hauptstadt Pannen bei der Berlin-Wahl – damals und heute
Berlin · Beim zweiten Mal wird alles besser – das erhoffen sich zumindest viele Berliner nach dem Wahlchaos im September 2021. Damals waren die Fehler so schwerwiegend, dass die Wahl nun wiederholt werden muss. Doch noch vor dem Wahltag am 12. Februar hat es bereits erneut Pannen gegeben.
Der 26. September 2021 sollte als „Superwahltag“ in die Berliner Geschichte eingehen. Gleich sechs Kreuze konnten die Bürger an diesem Tag machen: für den Bundestag, für das Berliner Abgeordnetenhaus und für die Bezirksverordnetenversammlung. Dazu kam noch ein Volksentscheid. Tatsächlich sorgte das Ereignis auch heute noch für viel Aufsehen. Von einer „Superwahl“ ist aber keine Rede mehr. Stattdessen wird über das Wahlchaos in Berlin diskutiert. Denn: Die Wahl war von zahlreichen Pannen geprägt. Diese seien so schwerwiegend gewesen, dass die Wahl des Berliner Landesparlaments komplett wiederholt werden muss, wie der Berliner Verfassungsgerichtshof jüngst urteilte. Doch was war passiert?
Vorbereitungsmängel
Die Vorbereitung der Wahlen hat den Anforderungen laut Verfassungsgerichtshof nicht genügt. Diese „Vorbereitungsmängel“, wie es im Urteil heißt, hätten schließlich zu weiteren Wahlfehlern geführt. Ein Beispiel: Die Landeswahlleitung hat für die Abgabe der Stimme eine Dauer von drei Minuten prognostiziert. Dafür standen den Bürgern im Durchschnitt zwei bis drei Wahlkabinen zur Verfügung. Im Hinblick auf die vorgeschriebene Wahlzeit von 8 bis 18 Uhr hätten pro Lokal lediglich 472 Personen in Präsenz wählen können – also nur 40 Prozent der Wahlberechtigten. Durchschnittlich seien nämlich in jedem Wahllokal rund 1000 Personen wahlberechtigt gewesen. Darüber hinaus seien drei Minuten für die Abgabe von sechs Stimmen auf fünf unterschiedlichen Zetteln zu kurz bemessen gewesen.
Lange Wartezeiten und geschlossene Wahllokale
Das führte unter anderem zu langen Schlangen und stundenlangen Wartezeiten vor den Wahllokalen. Zeitweise standen sie sogar vor verschlossenen Türen. In einigen Wahllokalen wurden die Stimmzettel vertauscht, andere Wahllokale waren unterversorgt. Die Wahllokale mussten also nachträglich beliefert werden – trotz der zahlreichen Absperrungen wegen des Berlin-Marathons, der ebenfalls an diesem Tag stattfand. Dementsprechend kam es zu erheblichen Verzögerungen, bis ausreichend Stimmzettel am richtigen Ort vorlagen, sodass einige Wahllokale zeitweise schließen mussten. Deshalb wurde auch nach 18 Uhr noch gewählt, obwohl zu diesem Zeitpunkt schon erste Prognosen vorlagen.
Ungültige Stimmzettel
Andere Wahllokale haben kurzerhand selber nachgeholfen, um allen Bürgern die Wahl zu ermöglichen: Sie haben Kopien von Stimmzetteln angefertigt. Diese wurden vom Verfassungsgerichtshof aber als ungültig gewertet, da sie den gesetzlichen Bestimmungen nicht entsprächen. Deshalb wurden auch die darauf abgegeben Stimmen als ungültig erklärt – genau wie die auf den falschen Stimmzetteln. Faktisch seien die betroffenen Wählerinnen und Wähler damit von der Wahl ausgeschlossen worden, wie der Verfassungsgerichtshof erklärt.
Das Resultat dieser Pannen: 20.000 bis 30.000 von Wahlfehlern betroffene Stimmen. Es sei unklar, wie diese Stimmen die Sitzverteilung hätten beeinflussen können. Deshalb muss die Wahl im gesamten Wahlgebiet wiederholt werden. Am 12. Februar soll dieses Mal alles klappen. Die ersten Wahlbenachrichtigungen und Briefwahlunterlagen sind bereits verschickt – doch damit auch schon wieder die ersten Fehler.
Neue Pannen
Die Wiederholungswahl soll am 12. Februar stattfinden. Wer sich jedoch nach der englischsprachigen Version richtet, hat noch ein paar Wochen mehr Zeit. In dieser wurde der Wahltag im Fließtext nämlich fälschlicherweise auf den 12. September datiert. Auch beim Namen der FDP-Kandidatin Diana Flemmig hat sich ein Tippfehler eingeschlichen. Auf einer Liste zur Wahl des Abgeordnetenhauses ist der falsche Nachname („Flemming“) zu lesen. Kleine Pannen im Vergleich zum darauffolgenden Fehler: Auf den Erststimmzetteln eines Wahlkreises im Bezirk Neukölln war ein FDP-Politiker gedruckt, der aus Berlin weggezogen ist. Er steht also gar nicht mehr zur Wahl. Die Stimmen für diesen Kandidaten sind also ungültig.
Der Versand der Wahlscheine wurde gestoppt, neue Stimmzettel werden gedruckt. Die 1700 Bürger, die in diesem Wahlkreis bereits per Briefwahl ihre Stimme abgegeben haben, sollen nun angeschrieben werden. Sie erhalten die Möglichkeit, ihre Wahl für die Erststimme mit dem neu gedruckten Stimmzettel zu wiederholen.
Doch Landeswahlleiter Stephan Bröchler betonte: „Es gibt keine hundertprozentig reibungslosen Wahlen – weder im Bund noch in den Bundesländern.“ Wichtig seien „Transparenz, eine schnelle Fehlerkorrektur und engmaschige Kontrollen“. Er begrüßt daher eine mögliche Beobachtung der Wiederholungswahl am 12. Februar durch die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE).