Nach Angriff auf Berg-Karabach Grünen-Außenpolitiker Trittin fordert Stopp der Gasimporte aus Aserbaidschan

Berlin · Aus Sicht der Grünen dürfen Deutschland und die EU der Vertreibung von mehr als 100.000 Menschen aus Berg-Karabach durch Aserbaidschan nicht weiter tatenlos zusehen. Grünen-Außenpolitiker Trittin fordert harte Konsequenzen statt leerer Worte.

 Geflohene Armenier aus Bergkarabach sitzen nach ihrer Ankunft im armenischen Goris auf ihrem mitgeschleppten Hab und Gut.

Geflohene Armenier aus Bergkarabach sitzen nach ihrer Ankunft im armenischen Goris auf ihrem mitgeschleppten Hab und Gut.

Foto: dpa/Vasily Krestyaninov

Nach der Vertreibung von 100.000 Menschen aus Berg-Karabach hat der Grünen-Außenpolitiker Jürgen Trittin die Bundesregierung und die EU aufgefordert, schärfer gegen die Verantwortlichen in Aserbaidschan vorzugehen. „Wir sollten die Gasimporte aus Aserbaidschan so schnell wie möglich einstellen. Hier sollte Deutschland vorangehen, wir haben bewiesen, dass das möglich ist“, sagte Trittin. „Notwendig ist jetzt auch die Verdoppelung der EU-Mission, um die Situation vor Ort zu überwachen. Menschenrechte sind nicht verhandelbar“, sagte Trittin.

Nach der Aufgabe des Gebiets Berg-Karabach in Aserbaidschan sind nach Angaben des UN-Flüchtlingskommissariats UNHCR mehr als 100.000 Geflüchtete aus der Region in Armenien angekommen. „Viele sind hungrig und erschöpft und brauchen sofort Unterstützung“, sagte Flüchtlingskommissar Filippo Grandi. „Internationale Hilfe wird sehr dringend benötigt.“

Armenien rechnet damit, dass alle rund 120.000 ethnischen Armenier die selbst ernannte Armenier-Republik inmitten Aserbaidschans verlassen werden. Um das Gebiet hat es seit Jahrzehnten Kämpfe mit Tausenden Toten gegeben. Vergangene Woche hatte Aserbaidschan eine Offensive gestartet, kurz darauf kapitulierten die Machthaber der international nicht anerkannten Republik, die nun zum 1. Januar 2024 aufgelöst werden soll. Aserbaidschan hat erklärt, die Rechte der ethnischen Armenier zu respektieren, die in Berg-Karabach bleiben wollten. Das Konzept einer eigenständigen armenischen Region dort sei aber für alle Zeiten beendet. Viele Armenier haben erklärt, aus Sorge vor Unterdrückung und Gewalt nicht in Berg-Karabach zu bleiben.

Die Bundesregierung macht Sanktionen gegen Aserbaidschan davon abhängig, ob das Land die armenische Bevölkerung in der umstrittenen Region Berg-Karabach schützt und die Grenzen des Nachbarlandes Armenien wahrt. Auf EU-Ebene seien Sanktionen Teil der Beratungen, betonte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes am Freitag. Er verwies auf eine EU-Beobachtermission an der Grenze zwischen beiden Ländern.

Grünen-Außenpolitiker Jürgen Trittin.

Grünen-Außenpolitiker Jürgen Trittin.

Foto: dpa/Kay Nietfeld
29.05.2021, Niedersachsen, Oldenburg: Jürgen Trittin, Bundestagsabgeordneter von Bündnis 90/Die Grünen, während der digitalen Landesdelegiertenkonferenz von Bündnis 90/Die Grünen in Niedersachsen. Foto: Mohssen Assanimoghaddam/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

29.05.2021, Niedersachsen, Oldenburg: Jürgen Trittin, Bundestagsabgeordneter von Bündnis 90/Die Grünen, während der digitalen Landesdelegiertenkonferenz von Bündnis 90/Die Grünen in Niedersachsen. Foto: Mohssen Assanimoghaddam/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Foto: dpa/Mohssen Assanimoghaddam

„Die Situation in Berg-Karabach ist unerträglich. Vor den Augen der europäischen Öffentlichkeit wird hier ein Exodus einer ethnischen Bevölkerungsgruppe erzwungen“, sagte der frühere Bundesumweltminister Trittin. „Und ich befürchte, dass Aserbaidschan nicht stoppen wird, wenn ihm gerade Europa jetzt nicht klar macht, dass es dafür einen hohen Preis zu bezahlen hätte. Die Scheuklappenpolitik der Kommissionspräsidentin von der Leyen hat den aserbaidschanischen Präsidenten Alijew nur noch ermutigt. Das war ein großer Fehler. Es ist bitter, dass in der EU Länder wie Italien und Ungarn schärfere Maßnahmen wie Sanktionen gegen die Verantwortlichen in Aserbaidschan blockieren“, sagte Trittin.

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