Vorwürfe gegen Minister Ramsauer BER: Jetzt dreht Gabriel den Spieß um

Berlin · Bislang standen Klaus Wowereit und Matthias Platzeck im Mittelpunkt der Kritik am Hauptstadtflughafen. Doch nun will die SPD offenbar den Spieß umdrehen, denn auch der Bund – und damit Schwarz-Gelb – ist an dem Projekt beteiligt. Rund um den BER heißt es in diesen Tagen Jeder gegen Jeden. Damit hat das Pannenprojekt schon jetzt Potenzial zum Wahlkampfthema.

Bislang standen Klaus Wowereit und Matthias Platzeck im Mittelpunkt der Kritik am Hauptstadtflughafen. Doch nun will die SPD offenbar den Spieß umdrehen, denn auch der Bund — und damit Schwarz-Gelb — ist an dem Projekt beteiligt. Rund um den BER heißt es in diesen Tagen Jeder gegen Jeden. Damit hat das Pannenprojekt schon jetzt Potenzial zum Wahlkampfthema.

Es erinnert an jene Tage, als ganz Deutschland in den Süden und zum umstrittenen Bahnprojekt Stuttgart 21 schaute. Damals ging es weniger um Pannen als vielmehr um die Kostenfrage und die Frage, ob der neue Bahnhof überhaupt gebraucht werde. Stuttgart 21 wurde zu einem Symbol — und zum Wahlkampfthema bei der Landtagswahl in Baden-Württemberg. Jeder suchte die Schuld beim anderen, und letzlich konnten die Grünen den Machtkampf für sich entscheiden, stellten den neuen Ministerpräsidenten.

Nach Stuttgart hat nun Berlin sein Großprojekt, mit dem die Bundeshauptstadt regelmäßig für Negativschlagzeilen sorgt. Und wieder einmal geschieht das wenige Monate vor einer Wahl, diesmal der Bundestagswahl. Der SPD jedenfalls scheint es derzeit gar nicht zu gefallen, dass ausgerechnet zwei ihrer einstigen Landes-Vorzeigechefs mitten in der Kritik stehen.

Da ist zum einen Klaus Wowereit, der vor Jahren sogar als möglicher SPD-Kanzlerkandidat gehandelt wurde, den die Opposition in Berlin aber nun per Misstrauensvotum ablösen wollte (was misslang). Und da ist Matthias Platzeck, der sogar schon einmal Bundes-SPD-Chef war und Brandenburg seit gefühlten Ewigkeiten regiert. Auch er steht als noch-stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der Flughafengesellschaft in der kritik, konnte sich aber das Vertrauen seines Landesparlamentes sichern.

Wann wusste Ramsauer von Verschiebung?

Doch wirklich vorbei ist es mit der Kritik an den beiden Landeschefs damit noch lange nicht. Und das scheint SPD-Chef Sigmar Gabriel sauer aufzustoßen. Denn schließlich ist Schwarz-Gelb an dem Megaprojekt genauso beteiligt wie die Länder Berlin und Brandenburg. Und so wettert er nun gegen den Bundesbauminister Peter Ramsauer.

In der "Süddeutschen Zeitung" greift Gabriel einen im Raum stehenden Verdacht auf, dass Ramsauer schon vor dem Aufsichtsrat von einer erneuten Verschiebung des Eröffnungstermins rund um den BER gewusst haben könnte. "Allem Anschein nach hat Ramsauer die Öffentlichkeit getäuscht", so Gabriel in der Zeitung. "Sollte sich das bewahrheiten, erscheint die Rolle von Herrn Ramsauer in ganz neuem Licht. Dieser CSU-Verkehrsminister hat eine Menge zu erklären."

Es ist der Frontalangriff auf den Bund, der an diesem Dienstag im Haushaltsausschuss mit dem Debakel beschäftigen muss. Dort muss das Ministerium Ramsauers Bericht erstatten über die vierte Verschiebung des Eröffnungstermins. Die Attacke Gabriels kommt also nicht von ungefähr. Zumal auch Wowereit und Platzeck häufig Kritik ernteten, weil es immer wieder neue Termine gab in Bezug auf den Start des Airports.

Gabriel dreht nun den Spieß um, holt Schwarz-Gelb mit ins Boot, denn die Koalition hat sich bislang so gut wie keine Kritik gefallen lassen müssen, wenn es um den Hauptstadtflughafen ging. Schließlich hat seine Partei in diesen Tagen ohnehin damit zu kämpfen, dass ihr Personal von allen Seiten attackiert wird — einschließlich des eigenen Bundeskanzlerkandidaten Peer Steinbrück.

Kritik an Rede der Grünen-Politikerin Pop

Doch so wenige Monate vor der Bundestagswahl können sich die Sozialdemokraten kaum Patzer leisten, liegt doch die Union in der Gunst der Wähler nach wie vor vorn. Und bislang schien die Partei noch nicht das geeignete Thema gefunden zu haben, mit dem sie Schwarz-Gelb angreifen kann. Mit dem Flughafen könnte man es immerhin versuchen. Zumindest hat Stuttgart 21 gezeigt, wie sehr sich solche Großprojekte dafür eignen. Und der Berliner Flughafen verspricht noch viel Gesprächststoff zu liefern.

Übrigens müssen sich aber nicht nur Wowereit, Platzeck und Ramsauer einiges anhören, wenn es um den BER geht. Auch die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus, Ramona Pop, musste nun Kritik ernten — wegen ihrer Rede im Zusammenhang mit dem Misstrauensvotum gegen Klaus Wowereit. Sie hatte es inhaltlich an einige ähnliche Reden angelehnt, darunter die Reden beim Misstrauensvotum gegen Eberhard Diepgen in Berlin 2001 und Redebeiträge aus den Landtagen in Niedersachsen und rheinland-Pfalz.

Prompt stand der Vorwurf des Abschreibens im Raum. Pop jedoch wies dies zurück, sagte, es gebe Standards für solche Reden, die immer wieder auftauchten. Die Vorwürfe selbst sieht sie als ein "Ablenkungsmanöver" von CDU oder SPD.

(das)
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