Grünen-Ministerin Steffens prescht vor Beim Rauchen ist Bayern Vorbild für NRW

(RP). Der Vorstoß von Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne), das Rauchverbot in Nordrhein-Westfalen zu verschärfen, stößt auf ein geteiltes Echo. Die Ärzteschaft reagiert begeistert, während die Opposition der Ministerin vorwirft, sie zeichne ein "Horrorszenario".

Selbstversuch: Rauchen in Düsseldorf
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Die Verschärfung des Rauchverbots in Bayern seit Sonntag hat eine neue Debatte über die Regelung in NRW entfacht. Nach NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) sprach sich auch Ärztepräsident Jörg-Dietrich Hoppe für eine Verschärfung der Rauchverbote aus.

"Wichtig wird es jetzt sein, das in Bayern erreichte Rauchverbot auch bundesweit zügig umzusetzen", sagte Hoppe unserer Zeitung. "Dass dies dringend notwendig ist, zeigt die Gesetzeslage hier in Nordrhein-Westfalen: Es ist inakzeptabel, dass sich Eisdielen oder Bäckereien zu Raucherclubs erklären können", betonte Hoppe. Der Ärztepräsident unterstützte die NRW-Gesundheitsministerin in ihrem Vorhaben, "Schlupflöcher" beim Rauchverbot zu schließen.

Aus Sicht der Ärzteschaft kommt die Ankündigung der neuen NRW-Regierung wie gerufen: "Rauchen tötet. Seit Jahren schon fordern wir Ärztinnen und Ärzte, dass es beim Schutz vor dem Passivrauchen daher keine Kompromisse geben darf", betonte Hoppe. Das von den Bürgern in Bayern durchgesetzte umfassende Rauchverbot in Gaststätten im Sinne von Nichtrauchern und Beschäftigten sei die einzig richtige Antwort auf den Krankmacher Tabakqualm.

NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) hatte im Interview mit unserer Zeitung angekündigt, den "Wildwuchs bei den Ausnahmen vom Rauchverbot" zu beschneiden. Es dürfe nicht sein, dass sich Eisdielen und Bäckereien zu Raucherclubs erklärten. Gestern legte sie nach und bezeichnete die Neuregelung in Bayern als Vorbild.

Dort gilt seit Sonntagmorgen 0 Uhr das strengste Rauchverbot Deutschlands. Durchsetzen müssen dieses Rauchverbot die kommunalen Verwaltungen, in der Landeshauptstadt München ist das Kreisverwaltungsreferat zuständig. Dort kontrollieren in den fünf Bezirksinspektionen — sie ähneln den Ordnungsämtern in NRW mit Zuständigkeit für unterschiedliche Stadtteile — insgesamt 60 Bezirksinspektoren, ob sich Gastwirte, Disco- und Spielhallenbetreiber in insgesamt 8000 Betrieben auch an die neuen Regeln halten.

Als kritisch gelten dabei die Kneipen, in denen bis zum 31. Juli geraucht werden durfte, nämlich 700 sogenannte Eckkneipen und 150 Gaststätten mit einem Nebenraum als Raucherzimmer. Am ersten Tag des Rauchverbots waren in München bereits Bezirksinspektoren unterwegs. 41 Betriebe haben sie überprüft. In den kontrollierten Kneipen und Gaststätten lief alles korrekt. Verstöße gab es jedoch in drei Spielhallen. Sie wurden zur Anzeige gebracht. Nun wird es zu Bußgeldverfahren kommen, in denen die verantwortlichen Wirte zur Rechenschaft gezogen werden.

Gegen sie kann ein Bußgeld zwischen fünf und 1000 Euro verhängt werden. Zeigt sich der Wirt auch nach mehreren ähnlichen Fällen nicht einsichtig, kann ihm als letzte Sanktion sogar die Schankerlaubnis entzogen werden. Raucher selbst würden in der Regel nicht belangt, so ein Sprecher der Stadt München. Sie könnten schnell ihre Kippe ausdrücken, so dass der konkrete Beweis fürs Rauchen schwerfalle. Eine spezielle "Raucherpolizei" will München allerdings nicht einrichten.

In Nordrhein-Westfalen stieß die Ankündigung der Grünen-Gesundheitsministerin bei der Opposition auf scharfe Kritik. Der gesundheitspolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Stefan Romberg, sagte: "Das Horrorszenario, das die Gesundheitsministerin zeichnet, hat mit der Realität in Nordrhein-Westfalen nichts zu tun." Auch der wirtschaftspolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Hendrik Wüst, kritisierte den Vorstoß.

Er ärgerte sich auch darüber, dass die Minderheitsregierung das Rauchverbot offenbar ohne Gesetzesänderung verschärfen will: "Das Verfahren, die Änderungen per Erlass regeln zu wollen, unterstreicht, dass die selbst ernannte Koalition der Einladungen in Wahrheit eine Koalition der Ausladungen ist."

Bedenken gegen eine Verschärfung des Rauchverbots kam auch vom Deutschen Hotel- und Gaststätten-Verband (Dehoga). "Die meisten Mitgliedsbetriebe des Dehoga haben mit der Umsetzung des Rauchverbots kein Problem", sagte Hauptgeschäftsführerin Ingrid Hartges. "Doch es geht darum, die Interessen der Kleinsten unserer Branche zu verteidigen.

Die getränkegeprägten Einraumbetriebe, in denen oft die Mehrzahl der Stammgäste Raucher ist, befürchten bei einem generellen Rauchverbot in der Tat eklatante Umsatzrückgänge." Hartges sagte, als die ersten Rauchverbote 2007 in Baden-Württemberg und Hessen in Kraft getreten seien, habe dies zu massiven Umsatzeinbußen in Kneipen und Bars geführt.

(RP)
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