Debatte um Sozialleistungen Behörden planen bundesweit Fahndungen zum Kindergeld

Berlin · Angesichts gestiegener Kindergeldzahlungen ins Ausland soll es künftig ein bundesweit koordiniertes und härteres Vorgehen gegen Missbrauch geben. Anlass für einen Verdacht auf hohe Betrugsquoten gibt es jedoch nicht. Die Parteien gehen damit sehr unterschiedlich um.

 Die CSU spricht von „zügellosen Geldtransfers“ ins Ausland, die SPD warnt vor Pauschalisierungen und will gezielt gegen Missbrauch der Leistungen vorgehen.

Die CSU spricht von „zügellosen Geldtransfers“ ins Ausland, die SPD warnt vor Pauschalisierungen und will gezielt gegen Missbrauch der Leistungen vorgehen.

Foto: dpa/Jan Woitas

In der Debatte um gestiegene Kindergeldzahlungen an im Ausland lebende Kinder haben deutsche Behörden angekündigt, verstärkt nach Betrugsfällen fahnden zu wollen. Mithilfe spezieller Computerprogramme und in Kooperation mit dem Zoll, Schulämtern, den Einwohnermeldeämtern, Steuerbehörden sowie ausländischen Sozialämtern wollen die Familienkassen Menschen aufspüren, die etwa mit gefälschten ausländischen Geburtsurkunden oder Pässen staatliche Leistungen für nicht existente Kinder kassieren. Das berichtete das Nachrichtenmagazin „Spiegel" am Freitag vorab.

Am Donnerstag war bekannt geworden, dass im Juni 2018 an 268.336 Kinder, die außerhalb von Deutschland leben, Kindergeld gezahlt wurde. Das ist ein Anstieg um 10,4 Prozent im Vergleich zu Ende 2017 und ein neuer Rekordwert. Zu Missbrauch kam es aber den Angaben der Bundesagentur für Arbeit zufolge kaum. Gleichwohl wurden in Wuppertal und Düsseldorf kürzlich bei der Kontrolle von 100 Verdachtsfällen 40 ungerechtfertigte Anträge gefunden. Auch deswegen soll es künftig Fahndungen geben. Eine Sprecherin der Bundesagentur sagte jedoch, dass solche Zahlen bei dem künftigen deutschlandweiten Verfahren nicht zu erwarten seien. Die Oberbürgermeister mehrerer Kommunen, darunter Duisburg, klagen seit geraumer Zeit über Betrügereien bei staatlichen Leistungen durch ausländische EU-Bürger.

Der politische Umgang damit könnte unterschiedlicher aber kaum sein. Während der parlamentarische Geschäftsführer der CSU im Bundestag, Stefan Müller, von „zügellosen Kindergeldtransfers“ ins Ausland sprach, warnten die Abgeordneten der SPD im Europaparlament vor Pauschalisierungen. „Wir sollten aufpassen, dass wir EU-Bürger, die in Deutschland arbeiten und Steuern zahlen, nicht in Kollektivhaft nehmen, weil eine kleine Gruppe von Menschen das deutsche Sozialsystem missbraucht“, sagte SPD-Gruppenchef Jens Geier in Brüssel, forderte jedoch auch entschlossenes Vorgehen gegen den Missbrauch des Sozialsystems.

Dabei ist zwischen Kindergeld und dem Missbrauch bei anderen Sozialleistungen wie Hartz IV zu unterscheiden, insbesondere mit Blick auf die Ansprüche. Denn laut Bundesregierung haben alle EU-Bürger, die in Deutschland leben, Anspruch auf Kindergeld für jedes minderjährige Kind in ihrem Haushalt. Das gilt auch dann, wenn sie keiner Tätigkeit nachgehen. Wer Kindergeld für Kinder im Ausland bekommen möchte, muss eine Anstellung oder selbstständige Tätigkeit in Deutschland nachweisen.

(jd)
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