Sicherheitspolitik Beck: Schäuble will Freiheit zu Tode schützen

Berlin (RPO). Im Streit über schärfere Sicherheitsgesetze gerät Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble immer stärker unter Druck. Bundespräsident Horst Köhler und SPD-Chef Kurt Beck kritisierten Schäubles Pläne am Wochenende. Unterdessen wurde ein neuer Vorstoß Schäubles bekannt: Der Anti-Terror-Paragraf soll erheblich ausgeweitet werden.

So will Innenminister Schäuble gegen den Terror kämpfen
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Foto: ddp

Köhler kritisierte insbesondere Schäubles Vorstoß für eine gezielte Tötung von Terroristen. "Man kann darüber nachdenken, ob die Art, wie die Vorschläge kommen, vor allem in einer Art Stakkato, ob das so optimal ist", sagte Köhler weiter. "Wie sollen die Leute das verkraften?" Er sei sich aber sicher, dass letztlich eine Lösung gefunden werde, "die unseren rechtsstaatlichen Prinzipien genüge tut", betonte der Bundespräsident.

SPD-Fraktionschef Peter Struck warf Schäuble vor, mit immer neuen Horrorszenarien das Koalitionsklima zu vergiften. Grundwerte der Verfassung dürften nicht zur Disposition gestellt werden. Das Recht auf Leben gelte selbst für Osama bin Laden. Er erwarte von der Kanzlerin, dass sie diese Grenzen gegenüber dem Innenminister "klipp und klar benennt", sagte Struck. Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) nannte es rechtlich unvorstellbar, einen Menschen ohne Prozess zu töten. Schleswig-Holsteins Innenminister Ralf Stegner (SPD) warf Schäuble ein "schäbiges" Kalkül vor und warnte, der Streit entwickele sich zur Koalitionsfrage.

Schäuble weist Kritik zurück

Das Bundesinnenministerium wies derweil den SPD-Vorwurf zurück, Schäuble blockiere ein Gesetz über erweiterte Befugnisse des Bundeskriminalamtes (BKA) im Anti-Terror-Kampf. Vielmehr stehe die SPD seit einem Jahr "mit beiden Füßen auf der Bremse". Schäuble dringt darauf, in dem Gesetz auch die Online-Durchsuchungen zu regeln. Die SPD will dagegen erst eine entsprechende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts abwarten und das BKA-Gesetz ohne diesen Punkt auf den Weg bringen.

Schäuble hat jedoch inzwischen laut "Welt am Sonntag" bereits den Gesetzestext fertiggestellt. Demnach soll der BKA-Präsident zur Terrorabwehr bei "Gefahr im Verzuge" die heimliche Durchsuchung privater Computer beantragen können.

Ausweitung des Anti-Terror-Paragrafen

CSU-Chef Edmund Stoiber gab Schäuble uneingeschränkte Rückendeckung und forderte die SPD zu fairem Umgang mit dem Minister auf. "Wir dürfen nicht warten, bis etwas passiert", mahnte Stoiber. Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) reagierte mit Hohn auf die Rufe der SPD-Führung nach einem Einschreiten Merkels: "Das erinnert mich an kleine Kinder, die rufen: 'Mama, hilf!'"

Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund schaltete sich ein. "Die Gewerkschaften erwarten, dass die Kanzlerin den Innenminister stoppt, der mit seinen unsäglichen Anregungen Demokratie und Rechtsstaat in Verruf bringt, wenn nicht gar gefährdet", sagte DGB-Chef Michael Sommer.

Grünen-Chefin Claudia Roth warf Schäuble eine "bewusste Irreführung der Öffentlichkeit" vor. Grünen-Fraktionsvize Hans-Christian Ströbele schloss eine Koalition seiner Partei mit der Union unter Mitwirkung Schäubles aus.

(afp)
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