Interview mit Bauernpräsident Joachim Rukwied "Bauer muss dem Futter trauen können"

Düsseldorf · Bauernpräsident Joachim Rukwied ist der Ansicht, dass die Kontrolle der Lebensmittel in Deutschland im internationalen Vergleich "Spitze" ist. Vor Betrügern und Panschern könnten sich die Landwirte nicht schützen.

Wie können sich die Landwirte vor immer neuen Skandalen schützen?

Rukwied In vielen Fällen, wenn beispielsweise Pferdefleisch als Rindfleisch deklariert wird, hat die Landwirtschaft keinen Einfluss. Da geht es allein um Handelsströme. In solchen Fällen können wir nur ordentliche Kontrollen der Behörden einfordern.

Beim Thema Aflatoxin im Futtermittel sind die Landwirte allerdings Leidtragende.

Rukwied Der Landwirt selbst kann sich auch vor solchen Fällen nicht schützen. Er muss davon ausgehen, dass das Futtermittel, das ihm geliefert wird, einwandfrei ist. Aflatoxin im Mischfutter können Sie mit dem Auge oder durch den Geruchssinn nicht erkennen. Hier muss beim Einkauf der Rohware kontrolliert und entsprechend den Ergebnissen auch gehandelt werden.

Aflatoxin ist nicht der erste Futtermittelskandal. Sind Futtermittel für die Tiere ein Schwachpunkt in der Nahrungskette?

Rukwied Das kann man so pauschal nicht sagen. In dem aktuellen Skandal hat sich ein Schimmelpilz gebildet, weil bei der Lagerung oder beim Transport aus Serbien etwas schiefgegangen ist. Bei dem Dioxin-Skandal vor einem Jahr handelte es sich um Machenschaften von Kriminellen, die verunreinigte Fette an die Futtermittelhersteller geliefert hatten. Grundsätzlich erwarten wir effektive Kontrollen der Behörden und Eingangskontrollen der Futtermittelhersteller, um die Landwirtschaft zu schützen.

Können die Landwirte ihr Futtermittel selbst anbauen?

Rukwied Nein, das ist nicht realistisch. Die Landwirte bauen für ihre Milchkühe Silagen, Gras und Heu selbst an. Sie müssen aber einen Teil des Kraftfutters, das auf Getreideschrot basiert und für eine ausgewogene Ernährung der Tiere auch Eiweiße enthält, hinzukaufen. Die Fütterung ist also eine Mischung aus eigenem Futter und Zukauf.

Die vielen Skandale in der Lebensmittelproduktion haben auch zu neuen Gesetzen geführt. Tut die Politik aus Ihrer Sicht das Richtige?

Rukwied In Deutschland haben wir international eine Spitzenposition, was die Kontrollen angeht. Die Wirtschaft macht ein eigenes Monitoring. Wir haben staatliche Kontrollen. Es gibt umfangreiche Dokumentationen. Die Standards sind sehr hoch. Dass Missstände ans Tageslicht kommen, hat auch mit den durchgeführten Kontrollen zu tun.

Verfügt die Branche auch über eigene Kontrollen?

Rukwied Selbstverständlich. Wir haben die QS-Zertifizierung. QS steht für Qualität und Sicherheit und bindet alle Beteiligten in der Produktion vom Landwirt bis zur Ladentheke ein. Wer nur mit Betrieben zusammenarbeitet, die QS zertifiziert sind, weiß, dass es enge Kontrollen und genaue Vorschriften für Dokumentation und Rückverfolgbarkeit gibt. Das QS-Siegel sichert auch die Einhaltung der strengen gesetzlichen Vorgaben.

Dennoch gibt es in Ihrer Branche schwarze Schafe. Haben die falsch deklarierten Bio-Eier die Branche insgesamt in Verruf gebracht?

Rukwied Diese Fälle kann ich noch nicht abschließend bewerten, da die Ergebnisse der Staatsanwaltschaft noch nicht vorliegen. Aber wenn konventionell erzeugte Eier tatsächlich als Bio-Eier verkauft wurden, dann müssen die Handelnden auch die Konsequenzen tragen. Wir verurteilen einen solchen Betrug aufs Schärfste. Was auf Produkten draufsteht, muss auch drin sein. Wenn jemand damit wirbt, dass seine Tiere mit besonders viel Platz gehalten werden, dann muss er das umsetzen.

Was raten Sie Verbrauchern, die wissen wollen, was sie verzehren?

Rukwied Den Verbrauchern rate ich, regionale Produkte einzukaufen. Ich rate auch, die Angebote von Tagen der offenen Tür bei landwirtschaftlichen Betrieben anzunehmen. Beim Einkaufen beim Metzger, beim Bäcker und auch im Supermarkt rate ich nachzufragen, wo die Ware herkommt und wie sie erzeugt wird. Wir Landwirte setzen verstärkt auf Regionalität und kurze Transportwege.

Eva Quadbeck führte das Interview.

(qua)
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