Neues Verpackungsgesetz Ministerin Hendricks gegen Pfand für Milch und Wein

Düsseldorf · Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) hat die Forderung der Bundesländer zurückgewiesen, künftig auch auf andere Getränkeverpackungen als bisher Pfand zu erheben.

 Geht es nach dem Bundesrat gibt es in Zukunft deutlich mehr Pfandflaschen (Symbolbild).

Geht es nach dem Bundesrat gibt es in Zukunft deutlich mehr Pfandflaschen (Symbolbild).

Foto: dpa, skh vfd wst

"Von den Vorschlägen der Länder zur Ausweitung der Pfandpflicht auf alle Getränkesorten halte ich gar nichts", sagte Hendricks unserer Redaktion. "Damit laufen die Länder Gefahr, sich lächerlich zu machen", so die Ministerin.

Vor allem die rot-grün regierten Länder hatten im Bundesrat eine Stellungnahme zu Hendricks' geplantem Verpackungsgesetz durchgesetzt. Darin kritisieren die Länder, dass die im Gesetz vorgesehenen Pfandpflichten für Einwegverpackungen unbefriedigend seien. Sie schlagen daher vor, dass sich eine Pfandpflicht künftig nicht mehr an der Größe oder dem Inhalt der Getränkeverpackung, sondern an der Art der Verpackung orientieren solle. Bisher sind manche Glasflaschen pfandpflichtig, etwa für Bier, andere nicht, beispielsweise für Wein. Bei Plastikflaschen ist es genauso: Wasser in Einwegflaschen ist pfandpflichtig, Säfte und Nektare wiederum frei.

Helle Aufregung

In der Getränkebranche sorgt die Stellungnahme der Länder nun für helle Aufregung, könnte damit künftig doch auch auf Milch- und Saftkartons, Weinflaschen oder Spirituosen Pfand erhoben werden. In einem Bericht der "Welt" äußerten sich gleich mehrere Branchenvertreter schockiert. "Es besteht kein Grund, das etablierte System zu zerschlagen", sagte der Hauptgeschäftsführer des Milchindustrieverbands Eckhard Heuser der Zeitung. Und das Deutsche Weininstitut sieht sogar die Existenz vieler kleiner Winzerbetriebe gefährdet, müssten diese sich künftig am Pfandsystem beteiligen.

Auch Ministerin Hendricks weist das scharf zurück. "Im Kern geht es beim Einwegpfand darum, vorhandene Mehrwegsysteme zu stärken, Abfall zu vermeiden und Ressourcen zu schonen. Ein Pfand auf Milch- und Saftkartons aber ergibt keinen Sinn", sagte die Ministerin. Man habe da kein Umweltproblem. "Die Kartons lassen sich gut recyceln und verwerten. Und im Übrigen schneidet der Getränkekarton in der Umweltbilanz nicht schlechter ab als die Mehrweg-Glasflasche", sagte Hendricks.

Mit dem geplanten Verpackungsgesetz, das die Länder nun angriffen, will die Umweltministerin die Recyclingquoten in Deutschland erhöhen. Kunststoffverpackungen etwa sollen bis 2022 zu 63 Prozent wiederverwertet werden, derzeit sind es lediglich 36 Prozent. Zudem plant Hendricks, Verbraucher mit gut erkennbaren Informationsschildern an den Supermarktregalen auf Einweg- oder Mehrwegflaschen hinweisen, um sie zum Kauf von Mehrwegverpackungen zu bringen.

Das wollen die Länder mit ihren Reformvorschlägen auch, wobei ihnen die Interpretation der Wirtschaftsvertreter schon zu weit ging. Das Winzerland Rheinland-Pfalz etwa kündigte an, keinen Beschluss mitzutragen, der Pfand auf Weinflaschen vorsehe. "Es würde mich nicht wundern, wenn weitere Länder mit Ausnahmewünschen folgen werden", sagte Hendricks.

"Anschlag auf die mittelständische Getränkeindustrie"

NRW-Umweltminister Johannes Remmel (Grüne) legte gestern jedoch nach und kritisierte das von Hendricks entworfene Gesetz als "in jeder Hinsicht unzureichend". So sei darin die Abschaffung der Mehrwegquote enthalten, sagte Remmel unserer Redaktion. Das Gesetz mache keinerlei Vorgaben für die Vermeidung oder Verringerung von Verpackungsabfällen und es enthalte keinerlei ökologische Anreize. Remmel wertete Hendricks' Entwurf als "Anschlag auf die mittelständische Getränkeindustrie", der zu Recht vom Bundesrat massiv kritisiert werde.

Sein Ministerium wies unterdessen Spekulationen zu den künftig möglicherweise betroffenen Getränken zurück, die würden jeder Grundlage entbehren. "Der Bundesrat macht hingegen keine konkreten Vorschläge, wie die Pfandregelungen insgesamt neu zu fassen wären", teilte eine Sprecherin mit. Die Bundesregierung habe aber die Chance vertan, gemeinsam mit den Ländern nach einer wirksamen, transparenten und vor allem auch umwelt- und verbraucherfreundlichen Pfandregelung zu suchen. Angewiesen ist Hendricks auf die Länder am Ende jedoch nicht. Ihr Ministerium teilte mit, dass das Verpackungsgesetz nicht der Zustimmung des Bundesrates bedürfe.

(dreb)
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