Mehr als 11.000 Datenträger ausgewertet Flüchtlinge klagen wegen Handyauswertungen gegen Bamf

Berlin · Anwälte haben an drei Verwaltungsgerichten im Namen von Flüchtlingen Klagen gegen das Auslesen von Handydaten durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge eingereicht. Beim Zugriff auf die persönlichen Daten seien verfassungsrechtliche Vorgaben missachtet worden.

 Eine Person hält ein Smartphone in der Hand (Symboldbild).

Eine Person hält ein Smartphone in der Hand (Symboldbild).

Foto: dpa-tmn/Andrea Warnecke

Mehrere Flüchtlinge klagen mit Hilfe der Gesellschaft für Freiheitsrechte gegen Handyauswertungen durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf). An den Verwaltungsgerichten in Hannover, Berlin und Stuttgart hätten Anwälte im Namen von Flüchtlingen aus Syrien, Afghanistan und Kamerun Klagen gegen das Auslesen der Daten von Mobiltelefonen eingereicht, berichteten die Zeitungen der Funke Mediengruppe.

„Das Bamf missachtet die hohen verfassungsrechtlichen Vorgaben, an die der Staat beim Zugriff auf persönliche Daten gebunden ist“, sagte Lea Beckmann von der Gesellschaft für Freiheitsrechte den Funke-Zeitungen. Die Auswertung der Handys durch das Bundesamt lasse „sehr umfassende Schlüsse über das Nutzungsverhalten eines Geflüchteten zu“. Das Amt habe mit Hilfe der Analyse-Software Zugriff auf Daten, Kontakte, Rufnummern, Fotos, Apps, Adressen von Webseiten und E-Mail-Adressen.

Dieses Instrument habe sich allerdings als „untauglich“ erwiesen, da etwa Daten technisch oft nicht ausgelesen werden könnten. „Anders als sonstige Beweismittel in Gerichtsverfahren kann die Qualität und Zuverlässigkeit der Datenträgerauswertung überhaupt nicht überprüft oder in Zweifel gezogen werden“, zitieren die Zeitungen aus der Klageschrift.

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge habe zwischen Anfang 2019 und Ende April 2020 rund 11.756 Datenträger von Asylantragstellern ausgelesen und in einem sogenannten Datentresor gespeichert, berichteten die Zeitungen. In gut 4.000 Fällen habe das Amt die Daten tatsächlich ausgewertet. In 60 Prozent der Fälle hätten sich „keine zusätzlichen Erkenntnisse“ ergeben, die für das Asylverfahren relevant waren. In 38 Prozent der Fälle hätten die ausgewerteten Daten die Angaben des Geflüchteten bestätigt. Nur bei zwei Prozent hätten die Analysen die Aussagen widerlegt. 2020 seien die nicht verwertbaren Ergebnisse der Daten-Analyse sogar noch auf 67 Prozent gestiegen.

Das Bundesinnenministerium teilte den Funke-Zeitungen mit, durch enge Vorgaben werde die Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in die Persönlichkeitsrechte des Asylsuchenden gewahrt. Das Bamf sprach ebenfalls von einer „wertvollen Möglichkeit“, um die Aussagen von Schutzsuchenden im Asylverfahren zu bestätigen.

(c-st/epd)
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