Diplomatische Verstimmung Türkei schadet sich mit der Ausweisung von Reportern selbst

Meinung | Berlin · Das deutsch-türkische Verhältnisse hatte sich auf einem niedrigen Niveau gerade etwas stabilisiert. Da hält die türkische Staatsführung die nächsten Zumutungen bereit.

 Unter dem Präsidialsystem von Recep Tayyip Erdogan entwickelt sich die Türkei immer mehr zu einem autoritären Staat.

Unter dem Präsidialsystem von Recep Tayyip Erdogan entwickelt sich die Türkei immer mehr zu einem autoritären Staat.

Foto: AP/Lefteris Pitarakis

Das deutsch-türkische Verhältnis steht wieder einmal auf der Probe. Der Rauswurf zweier deutscher Journalisten aus der Türkei ohne Begründung ist ein Affront der türkischen Regierung gegenüber Deutschland. Der Vorgang wirft erneut ein Schlaglicht auf die großen Differenzen in Fragen von Menschenrechten, Demokratie und Meinungsfreiheit zwischen Deutschland und der Türkei.

Erstaunlich ist, dass die Türkei die Lage gerade wieder eskalieren lässt. Die Türken selbst waren es, die sich zuletzt wieder um bessere Beziehungen bemüht haben. Konfliktfrei gelang beispielsweise im vergangenen Jahr die Gedenkfeier für die Opfer des Anschlags in Solingen. Auch die Freilassung des Journalisten Deniz Yücel setzte ein Zeichen der Versöhnung. Nun drohte die Türkei in der vergangenen Woche Urlauber aus Deutschland schon an der Grenze zu verhaften, wenn diese als terrorverdächtig gelten. Daraufhin verschärfte das Auswärtige Amt seine Reisewarnungen. Eine unnötige Eskalation von Seiten der Türkei, nachdem in der wirtschaftlich schwierigen Lage des Landes gerade das Vertrauen der Urlauber zurückgekehrt war und die Buchungen wieder angezogen hatten.

Die Türkei schadet sich mit ihrem Vorgehen selbst. Doch offensichtlich ist es der türkischen Regierung wichtiger, jede Kritik von dem mit der neuen Präsidialverfassung gestärkten Präsidenten Erdogan fernzuhalten, als ihre Urlauber-Zahlen stabil zu halten. Schaut man auf die Wirtschaftsdaten der Türkei, die gerade in eine Rezession gerutscht ist, dann zahlt das Land am Bosporus einen hohen Preis dafür, dass ihrem Präsidenten gehuldigt werden soll.

Für das Türkei-Bild im Rest der Welt ist es zudem unklug, Journalisten auszuweisen, denen es ein Anliegen ist, die Türkei zu erklären. Selbstverständlich gehören dazu auch kritische Töne. Die Berichterstattung von freien Korrespondenten trägt aber auch immer dazu bei, dass die Eigenheiten, das Besondere und die Mentalität eines Landes anderswo besser verstanden werden.

(qua)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort