Außenminister zu Chemnitz Maas wirft Deutschen Bequemlichkeit im Kampf gegen Rassismus vor

Berlin · Außenminister Maas fordert von den Bürgern mehr Einsatz im Kampf gegen Rassismus. Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Freiheit würden als selbstverständlich wahrgenommen, meint der SPD-Politiker. „Wir müssen vom Sofa hochkommen und den Mund aufmachen.“

 Außenminister Heiko Maas (Archiv).

Außenminister Heiko Maas (Archiv).

Foto: dpa/Kay Nietfeld

Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) hat mit Blick auf die Ereignisse in Chemnitz mehr Einsatz zur Verteidigung der Demokratie gefordert. „Wenn die Anständigen schweigen, wirken die Rassisten viel lauter. Wir alle müssen der Welt zeigen, dass wir Demokraten die Mehrheit und die Rassisten eine Minderheit sind. Die schweigende Mehrheit muss endlich lauter werden“, sagte Maas in einem Interview der „Bild am Sonntag“. Bedrohlich werde es, wenn sich die Anständigen nicht einmischten.

Maas warf den Deutschen Bequemlichkeit im Kampf gegen Rassismus vor: „Da müssen wir dann auch mal vom Sofa hochkommen und den Mund aufmachen.“ Seine Generation habe Freiheit, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie geschenkt bekommen, fügte der SPD-Politiker hinzu: „Wir mussten das nicht erkämpfen, nehmen es teilweise als zu selbstverständlich wahr. Es hat sich in unserer Gesellschaft leider eine Bequemlichkeit breit gemacht, die wir überwinden müssen.“

Er sei auf die rechtsextremen Aufmärsche in Chemnitz „sehr oft“ von seinen europäischen Kollegen angesprochen worden, fügte Maas hinzu. Wenn es um Ausländerfeindlichkeit, Rechtsextremismus und Rassismus gehe, werde Deutschland zu Recht ganz besonders kritisch beäugt. „Wenn auf unseren Straßen heute wieder der Hitlergruß gezeigt wird, ist das eine Schande für unser Land“, so Maas.

Die gesamte Gesellschaft sei gefordert, den Ruf Deutschlands in der Welt zu retten, so Maas: „Wir müssen uns den Rechtsextremen entgegenstellen. Wir dürfen uns nicht wegducken. Wir müssen Gesicht zeigen gegen Neonazis und Antisemiten. Nur dann werden fremdenfeindliche Untaten das Ansehen Deutschlands nicht nachhaltig beschädigen.“

Am Samstag hatte Maas die Gegenkundgebung gegen die AfD-Demonstration in Chemnitz begrüßt. Er sei froh, dass es viele aufrechte Demokraten gebe, die Farbe bekennen würden, sagt er am Rande einer SPD-Veranstaltung in Wolfratshausen. „Die deutlich machen, dass die große Mehrheit der Deutschen in einem weltoffenen, toleranten Land leben will. Und diejenigen, die da anders auffallen, eine Minderheit sind, die vielleich lauter ist, als man sich das wünschen kann. Aber dann muss einfach der Chor der Anständigen lauter werden, als das bisher der Fall ist.“

Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) sagte der Zeitung, die Ermittlungen in Chemnitz müssten aufklären, inwieweit rechtsextreme Netzwerke hinter den Demonstrationen und ausländerfeindlichen Ausschreitungen stecken. „Wir dulden nicht, dass Rechtsradikale unsere Gesellschaft unterwandern.“

Der Generalbundesanwalt hat sich in dieser Woche in die Ermittlungen eingeschaltet, nachdem es bei Demonstrationen zu ausländerfeindlichen Ausschreitungen und zum Zeigen des Hitlergrußes gekommen war. Zuvor war ein 35-jähriger Deutscher bei einer Messerattacke in Chemnitz getötet worden, zwei weitere Männer wurden verletzt. Als Tatverdächtige sitzen ein Iraker und ein Syrer in Untersuchungshaft.

(wer/dpa/epd)
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