Stockholm-Initiative Ein neues Bekenntnis zur nuklearen Abrüstung

Berlin · Die Gefahr eines neuen nuklearen Rüstungswettlaufs ist nicht gebannt die Spannungen zwischen den Großmächten nehmen zu. Die Länder der Stockholm-Initiative, darunter auch Deutschland, Spanien und Schweden, rufen dringend zur nuklearen Abrüstung und dem Ende von Kernwaffentests auf.

 Außenminister Heiko Maas (SPD). Foto: AP Photo/Michael Sohn/pool.

Außenminister Heiko Maas (SPD). Foto: AP Photo/Michael Sohn/pool.

Foto: AP/Michael Sohn

„Ein Atomkrieg lässt sich nicht gewinnen und darf niemals geführt werden.“ Am 16. Juni haben Präsident Biden und Präsident Putin diese von ihren Vorgängern Reagan und Gorbatschow auf dem letzten Höhepunkt des Kalten Krieges so markant formulierte, grundlegende Tatsache bekräftigt. Zur damaligen Zeit begannen mit diesem Satz russisch-amerikanische Abrüstungsanstrengungen, die der ganzen Menschheit zugutekamen. Heute lässt er uns neue Hoffnung schöpfen, dass die Welt zur nuklearen Abrüstung zurückfinden kann.

Mehr denn je brauchen wir Fortschritte. Abkommen der nuklearen Abrüstung und Nichtverbreitung sind in den letzten Jahren immer weiter erodiert. Neue Spannungen und Misstrauen zwischen den globalen Mächten haben einen weiteren Abbau der Kernwaffenarsenale vereitelt. Der INF-Vertrag zur Reduzierung der nuklearen Mittelstreckenwaffen – ein grundlegendes Instrument der Rüstungskontrolle – ist 2019 außer Kraft getreten. Die technologische Entwicklung macht die Lage immer komplexer, führt zu neuen Risiken und könnte einen neuen Rüstungswettlauf befeuern. Und die Herausforderungen einer regionalen Verbreitung von Atomwaffen – etwa in Iran und Nordkorea – erfordern weiterhin unsere volle Wachsamkeit.

Vor diesem Hintergrund bemüht sich die Stockholm-Initiative für Nukleare Abrüstung, der 16 Staaten aus allen Kontinenten angehören, um eine Wiederbelebung der Abrüstungsdiplomatie, eine Stärkung des Nichtverbreitungsvertrags (NVV) und praktische Fortschritte bei der Abrüstung. Im Interesse der ganzen Menschheit müssen wir sicherstellen, dass Kernwaffen nie wieder zum Einsatz kommen.

Im Vorfeld der anstehenden Überprüfungskonferenz des Nichtverbreitungsvertrags haben wir bei einer Reihe von Ministertreffen in Stockholm, Berlin, Amman und heute in Madrid mehr als 20 konkrete Vorschläge zur Stärkung des NVV und zur Umsetzung seiner Abrüstungsziele erarbeitet. Die Verlängerung des New START-Vertrages zu Beginn dieses Jahres, die Aussichten auf neue Gespräche zwischen Russland und den USA über die Zukunft der Rüstungskontrolle sowie Maßnahmen zur Risikoeindämmung und ein neues, auf höchster Ebene abgegebenes Bekenntnis zur Zurückhaltung, wie es der russische und der amerikanische Präsident im vergangenen Monat in Genf zum Ausdruck gebracht haben – all das sind gute Nachrichten. Und all dies zählt zu den Vorschlägen, die wir mit unseren „Bausteinen für nukleare Abrüstung“ vorgelegt hatten.

Wir begrüßen diese positiven Entwicklungen ausdrücklich, rufen die Kernwaffenstaaten aber auch dazu auf, weitere entschiedene Schritte in Richtung Abrüstung zu gehen. Hierzu könnte zählen, die Rolle von Kernwaffen in ihren Strategien und Doktrinen herabzustufen, das Risiko eines Konflikts und eines versehentlichen Kernwaffeneinsatzes zu senken, die Kernwaffenbestände weiter zu verringern und den Grundstein für eine neue Generation von Rüstungskontrollvereinbarungen zu legen. Wir müssen Kernwaffentests ein für alle Mal beenden, indem wir den Vertrag über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen endlich in Kraft setzen, die Verhandlungen über einen Vertrag über das Verbot der Herstellung von spaltbarem Material für militärische Zwecke wieder in Gang bringen und robuste und glaubwürdige Fähigkeiten zur Verifikation nuklearer Abrüstungsschritte aufbauen.

Mit anderen Worten: Wir sollten aus der Geschichte lernen, um die Zukunft zu gestalten. Dazu gehört, dass wir unseren Austausch mit der jungen Generation und betroffenen Bürgerinnen und Bürgern, etwa in Städten wie Hiroshima und Nagasaki, verstärken. Wir werden uns ferner für die umfassende, gleichberechtigte Beteiligung von Frauen an allen Entscheidungsprozessen im Bereich nuklearer Abrüstung sowie für die vollständige Berücksichtigung von Gender-Aspekten stark machen.

Deshalb werden wir, die Länder der Stockholm-Initiative, heute in Madrid zusammenkommen, um unser konsequentes Engagement für weitere nukleare Abrüstung zu bekräftigen und zusätzliche Schritte hin zu diesem Ziel zu gehen.

Auf unserem letzten Treffen in Amman sagte der Generalsekretär der Vereinten Nationen, António Guterres: „Einzeln sind Sie die Vertreter verschiedener Regionen. Gemeinsam aber stehen Sie für das kollektive Bekenntnis zu einer atomwaffenfreien Welt.“ Wir rufen alle Staaten auf, sich diesem Bekenntnis anzuschließen.

Die Mitglieder der Stockholm-Initiative sind: Äthiopien, Argentinien, Deutschland, Finnland, Indonesien, Japan, Jordanien, Kanada, Kasachstan, die Republik Korea, Neuseeland, die Niederlande, Norwegen, Schweden, die Schweiz und Spanien.

(mün)
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