Streit über Jugendgewalt eskaliert Ausländer werfen Koch "politische Brandstiftung" vor

Berlin/Frankfurt (RPO). Die Jugendgewalt-Debatte ufert langsam aber sicher aus: Mehr als 100 Ausländerorganisationen haben der CDU und ihrem hessischen Wahlkämpfer Roland Koch Rassismus und "politische Brandstiftung" vorgeworfen.

Roland Koch: Leben, Erfolge, Skandale
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Foto: ddp

Die Verbände hielten am Donnerstag außerdem Kanzlerin Angela Merkel vor, ihrem Parteikollegen Koch "aus wahltaktischen Gründen Rückendeckung in seinen populistischen Parolen" zu geben. Die Türkische Gemeinde Deutschlands bat Bundespräsident Horst Köhler um Hilfe. Koch musste indes eine peinliche Schlappe einräumen: In Hessen dauert es bundesweit am längsten, bis Straftaten von Jugendlichen geahndet werden.

In einem vom Migrantenforum im Paritätischen Gesamtverband veröffentlichten Brief an Merkel und Koch beklagen die Organisationen "Schnellschüsse, Unbedachtsamkeiten und wahltaktischen Populismus". Die derzeitige Debatte sei ein herber Rückschlag für den Integrationsdiskurs in der Gesellschaft. Das 2007 gegründete Forum setzt sich für eine stärkere Beteiligung von Zuwanderern an der Integrationspolitik ein.

Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde, Kenan Kolat, zeigte sich enttäuscht über Merkels Haltung, weil diese sich auf Kochs Seite gestellt habe. Koch schüre "rassistische Ressentiments in der Gesellschaft", kritisierte Kolat und rief die in Hessen lebenden Türken auf, Koch die Stimme zu verweigern. Kolat bat Bundespräsident Köhler um Hilfe. "Wir würden uns sehr freuen, wenn Sie sich in die Diskussion einbringen und mahnende Worte finden könnten, weil wir nach dieser Debatte wie in den 90er Jahren Angst um Anschläge und Übergriffe haben", heißt es in dem der AP vorliegenden Schreiben.

Koch musste gab in der ARD zu, dass die hessischen Amts- und Landgerichte bei der Bearbeitung von Jugendstrafsachen bundesweit Schlusslicht sind. Gerade bei schweren Verbrechen wie Raub, Mord oder Totschlag schneidet Hessen unter den Flächenländern mit durchschnittlich acht Monaten am schlechtesten ab. Der bundesweite Schnitt liegt bei 5,4 Monaten.

Die SPD-Justizminister in Bund und Ländern warfen der Union ebenfalls Populismus vor. Brutale Übergriffe auf Mitmenschen seien nicht hinnehmbar und müssten bestraft werden. Die Forderung nach härteren Strafen aber lenke von den Ursachen der Jugendkriminalität ab.

Die Innenminister der unionsregierten Länder bekräftigten unterdessen ihr Vorhaben, das Jugendgewalt härter zu bestrafen. "Die Menschen akzeptieren nicht, wenn wir ihnen sagen, es ist alles in Ordnung", sagte der hessische Ressortchef Volker Bouffier vor einem Treffen in Wiesbaden. Er wies auch die Forderungen von SPD-Chef Kurt Beck nach einem Integrationsgipfel zurück. Es handele sich dabei um Ausflüchte. Merkel habe die Integration zur Chefsache gemacht. Es gebe dort keinen Nachholbedarf.

(ap)
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