Glos' Regierungserklärung "Aufschwung für alle"

Berlin (RPO). Wirtschaftswachstum bei 2,3 Prozent, der Wachstumsmotor Europas - Worte bei denen noch vor kurzem niemand an Deutschland gedacht hätte. Wirtschaftsminister Michael Glos konnte damit am Donnerstag im Bundestag sich und die Wirtschaftspolitik der Regierung loben. Die Opposition sieht das anders.

Bundeswirtschaftsminister Michael Glos bleibt seiner Prognose von 2,3 Prozent Wirtschaftswachstum in diesem Jahr. In einer Regierungserklärung sagte er am Donnerstag im Bundestag, er wisse, dass auch seriöse Institute höhere Erwartungen hätten. "Wir wollen lieber besser abschneiden als angekündigt, als umgekehrt", sagte er dazu.

Trotz der Erhöhung der Mehrwertsteuer von 16 auf 19 Prozent blieb der befürchtete Preisschub laut Glos aus. Das schmerze die Untergangspropheten, die vorher schlimme Folgen vorausgesagt hätten. Als Miesmacher bezeichnete er Wirtschaftsexperten, die vorausgesagt hätten, vom Aufschwung würden nur einige wenige profitieren.

Die jahrelange Stagnation sei überwunden und Deutschland wieder zum "Wachstumsmotor Europas" geworden, so Glos. Dabei sei die deutsche Konjunktur nicht länger auf die gute Entwicklung der Weltwirtschaft angewiesen, sondern trage aus eigener Kraft.

"Wir erleben den Aufschwung für alle," erklärte Glos. Die Zahl der fast 40 Millionen Beschäftigten sei so hoch wie noch nie. Die Zahl der Arbeitslosen sei in den letzten zwölf Monaten um 700.000 auf 3,7 Millionen gesunken. Mit 3,5 Millionen voraussichtlich im nächsten Jahr würde die niedrigste Zahl in zehn Jahren erreicht.

Allerdings leide die Wirtschaft unter Fachkräftemangel. Obwohl es 20.000 arbeitslose Ingenieure gebe, suche die Wirtschaft händeringend nach Experten. Notwendig seien daher höher Investitionen in Aus- und Weiterbildung.

Kritik von der Opposition

FDP-Wirtschaftsexperte Rainer Brüderle entgegnete, der Aufschwung sei "weder den Schwarzen noch den Roten zuzurechnen. Er ist die Leistung der Menschen", sagte er. Ausdrücklich begrüßte der FDP-Politiker das Bekenntnis von Glos zu einer weiteren Haushaltssanierung und Steuersenkungen: "Daran müssen Sie sich messen lassen". Um zu einem langfristigen Wohlstand zu kommen, müsse aber der Arbeitmarkt weiter liberalisiert werden.

Für die Linke beklagte Fraktionschef Gregor Gysi, dass der Aufschwung an den meisten Menschen vorbeigehe. Von den sprudelnden Gewinnen der Unternehmen hätten Rentner, Kranke, Arbeitslose und Sozialschwache nichts. "Sie machen einen Aufschwung für zehn Prozent der Bevölkerung", sagte Gysi und fügte hinzu, in den vergangenen Jahren habe es für die breite Masse einen Reallohnabbau von sechs Prozent gegeben.

Auch die Grünen zeigten sich unzufrieden. Nach wie vor fehle ein Konzept zur Sicherung des Wachstums, betonte Fraktionschef Fritz Kuhn. Unter Anspielung auf Glos' Worte vom "Tugendkreislauf" von Staat und Wirtschaft fügte Kuhn hinzu: "Sie als oberster Tugendbold, das ist schon ein starkes Stück."

(ap)
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