Geplante Änderungen Auf diese Corona-Regeln hat das Kabinett sich geeinigt

Berlin · Die Bundesregierung hat ihre Maßnahmen vorgestellt, mit denen sie eine Überforderung des Gesundheitswesens im Herbst und Winter verhindern will.

 Karl Lauterbach (r, SPD), Bundesgesundheitsminister, und Marco Buschmann (FDP), Bundesjustizminister, klatschen vor der Bundespressekonferenz ab.

Karl Lauterbach (r, SPD), Bundesgesundheitsminister, und Marco Buschmann (FDP), Bundesjustizminister, klatschen vor der Bundespressekonferenz ab.

Foto: dpa/Wolfgang Kumm

Es war eine schwere Geburt, Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und Justizminister Marco Buschmann (FDP) mussten diverse Abstimmungsrunden drehen. Doch jetzt steht das neue Infektionsschutzgesetz als Kabinettsbeschluss fest. Die Bundesregierung ist sich einig, wie sie die Bevölkerung und das Gesundheitssystem gut durch den bevorstehenden Corona-Herbst und -Winter bringen will. Hier ein Überblick der wichtigsten Punkte:

Krankenhäuser und Pflegeheime

Für den Zutritt zu Krankenhäusern, Pflegeheimen oder vergleichbaren Einrichtungen soll über eine bundesweit einheitliche Maskenpflicht hinaus eine Testnachweispflicht gelten. Und zwar für Besucher und Personal, mit Ausnahmen beispielsweise für frisch geimpfte oder genesene Besucherinnen und Besucher.

Neu vorgesehen sind Sonderzahlungen von 1000 Euro pro Monat dafür, dass Pflegeheime künftig Beauftragte benennen müssen, die sich um Impfungen, Hygiene und Arzneitherapien für Infizierte etwa mit dem Medikament Paxlovid kümmern. Die Einrichtungen sollen für den Aufwand 250 Euro pro Monat bekommen - für Beschäftigte, die die Aufgaben allein oder im Team übernehmen, soll es insgesamt 750 Euro geben.

Nah- und Fernverkehr

Die Pläne der Bundesregierung sehen künftig eine bundesweite FFP2-Maskenpflicht in Flugzeugen und Fernzügen vor. Kinder zwischen 6 und 14 Jahren sowie Personal sollen auch medizinische Masken tragen können. Die Länder erlassen die Regeln für den Nahverkehr. So können sie mit Blick auf die erwartete neue Infektionswelle auch künftig eine Maskenpflicht im öffentlichen Personennahverkehr verhängen.

Gastronomie und Veranstaltungen

Die Länder sollen vom 1. Oktober bis 7. April je nach Infektionslage und Belastung des Gesundheitssystems – eine genaue Definition mit Parametern fehlt absichtlich – abgestufte Schutzvorgaben beispielsweise für die Gastronomie, Veranstaltungen und das öffentliche Leben anordnen können. So stellt das vom Kabinett verabschiedete Regelwerk den Ländern nun frei, die Maskenpflicht in Innenräumen für Menschen aufzuheben, die vollständig geimpft sind und deren letzte Impfung weniger als drei Monate zurückliegt. Dies soll auch für Genesene gelten.

In einer ersten Vorlage war vorgesehen, dass die Aufhebung der Maskenpflicht dann verbindlich erfolgen soll. Kritiker hatten bemängelt, dies könne als Aufforderung an die Menschen verstanden werden, sich alle drei Monate impfen zu lassen.

Lauterbach rechnet nach eigenen Worten mit einer baldigen Rückkehr zu regional begrenzten Maskenpflichten im öffentlichen Leben. „Ich persönlich gehe davon aus, dass wir im Oktober Schwierigkeiten bekommen werden“, sagte er. Dann würden die ersten Länder von der Möglichkeit strengerer Corona-Schutzvorschriften Gebrauch machen.

Bundesjustizminister Buschmann, der die Vorlage gemeinsam mit Lauterbach vorstellte, betonte, dass das neue Gesetz den Ländern viele „Optionen“ im Kampf gegen die Pandemie gebe - dass die Länder diese Optionen aber nicht unbedingt ausnutzen müssten. Eine zwingende Ausnahme von einer Maskenpflicht soll es geben, wenn man beim Besuch von Kultur-, Freizeit- oder Sportveranstaltungen und in der Gastronomie einen negativen Test vorzeigt.

Wenn sich eine starke Corona-Welle aufbaut, gilt die Maskenpflicht ausnahmslos. In dieser zweiten Stufe können die Länder auch Mindestabstandsregeln, eine Maskenpflicht für Außenveranstaltungen sowie eine Teilnehmerobergrenze für Veranstaltungen im Innenbereich verhängen.

Private Treffen

Bei einer konkreten Gefahr für die Funktionsfähigkeit des Gesundheitswesens oder der sonstigen kritischen Infrastruktur können die Länder per Parlamentsbeschluss Personenobergrenzen für Veranstaltungen in Innenräumen anordnen sowie verpflichtende Hygienekonzepte mit weiteren Auflagen zum Beispiel zur Lüftung. Auch kann generell ein Mindestabstand von 1,5 Meter vorgeschrieben werden. Nicht vorgesehen sind jedoch auch bei einer solchen verschärften Lage Lockdowns oder Geschäftsschließungen.

Schulen und Kitas

Die Länder sollen Tests anordnen können, etwa in Schulen und Kindertagesstätten, und eine Maskenpflicht ab der fünften Klasse vorschreiben können, wenn andernfalls der Präsenzunterricht nicht aufrechtzuerhalten ist. Schulen und Kindertagesstätten sollen grundsätzlich offengehalten werden.

Kritik aus NRW

Das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales in NRW hat bereits Kritik geübt. Es bleibe problematisch und nicht nachvollziehbar, dass bei der Maskenpflicht Grundschulen und weiterführende Schulen unterschiedlich behandelt würden. „Aus unserer Sicht ist es kaum zu vermitteln, dass ein Grundschüler im Bus zur Schule Maske tragen muss aber nicht im Klassenzimmer“, teilte ein Sprecher mit. Landesminister Karl-Josef Laumann (CDU) zog jedoch ein grundsätzlich positives Zwischenfazit: „Alles in alles ist der nun vorliegende Entwurf des Infektionsschutzgesetz ein Gesetz, mit dem wir leben können. Es gibt uns als Landesregierung die Instrumente in die Hand, um flexibel auf die Herausforderung des Herbstes reagieren zu können.“

Triage

Neben dem Infektionsschutzgesetz hat das Bundeskabinett außerdem einen Gesetzentwurf verabschiedet, um auszuschließen, dass Menschen mit Behinderung oder Hochbetagten für den Fall zu knapper Intensivkapazitäten in der Pandemie benachteiligt werden. Sind aufgrund einer übertragbaren Krankheit wie Covid nicht ausreichend Intensivbetten verfügbar, soll die Überlebenswahrscheinlichkeit eines Patienten als maßgebliches Kriterium gelten, ob er ein Bett bekommt oder nicht. Weitere Erkrankungen dürfen eingeschränkt bei der Beurteilung der Überlebenswahrscheinlichkeit

(jd/dpa/afp )
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