Wachstumsförderung Auch Schäuble will mehr investieren

Berlin · Der Bundesfinanzminister sichert bei der Herbsttagung des Internationalen Währungsfonds mehr Investitionen zur Wachstumsförderung zu. Das Defizitziel von Null will er dafür 2015 aber nicht aufgeben - trotz wachsender Kritik daran.

 Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU).

Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU).

Foto: dpa, rje hpl

Es war nur eine kleine Akzentverschiebung, aber die fiel auf: "Jetzt müssen wir wieder stärker das Gewicht auf Investitionen legen", betonte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) in Washington auf der Herbsttagung des Internationalen Währungsfonds (IWF). Er sicherte noch mehr öffentliche Investitionen zu, was er bisher nicht getan hatte: "Was wir an baureifen Projekten haben, werden wir finanzieren." Auch private Investitionen müssten angekurbelt werden. Allerdings werde die Bundesregierung dafür ihren finanzpolitischen Kurs nicht ändern. Deutschland habe durch seine solide Haushaltspolitik nach der Finanzkrise Vertrauen zurückgewonnen. "Wir wären töricht, wenn wir das jetzt gefährden würden", sagte Schäuble.

Er reagierte damit auf deutlich verschlechterte Konjunkturprognosen für Europa und auf wachsenden internationalen Druck, Deutschland möge mit höheren Investitionen gegensteuern. IWF-Chefin Christine Lagarde, aber auch die USA, Frankreich und Italien dringen darauf, dafür die Defizitziele der EU zu lockern.

Am Ziel, das deutsche Defizit 2015 auf null zu drücken, möchte Schäuble aber unbedingt festhalten: Er wäre damit der erste Finanzminister seit Franz-Josef Strauß 1969, dem es wieder gelänge, ohne neue Schulden auszukommen. Es soll sogar eine "schwarze Null" geben, was bedeutet, dass sich im Etat 2015 ein kleiner Überschuss ergibt. Da sich die Konjunkturlage jedoch verdüstert, ist dieses Ziel in Gefahr. Denn auch die Regierung will ihre Wachstumsprognose kommende Woche auf voraussichtlich nur noch rund eineinviertel Prozent für 2014 und 2015 senken.

Bundesbankpräsident Jens Weidmann stützte in Washington die Position Schäubles. Die Investitionsausgaben seien zwar "steigerungsfähig". Es mache aber keinen Sinn mit kreditfinanzierten Programmen "konjunkturelle Strohfeuer" zu entfachen. Die Konjunktur habe sich nur abgeschwächt, eine tiefe Krise stehe nicht vor der Tür.

Mehrere deutsche Top-Ökonomen erklärten dagegen, Schäuble solle sich lediglich von der "schwarzen Null" verabschieden und den Verschuldungsspielraum von etwa zehn Milliarden Euro nutzen, den die Schuldenbremse im Jahr 2015 zulasse. Mit dem Geld könnten öffentliche Investitionen vorgezogen und private angekurbelt werden.

Es gehe nicht um Konjunkturprogramme. "Die Bundesregierung muss die Schuldenbremse einhalten. Das verlangt aber keine ,schwarze Null´, sondern lässt Raum für eine jährliche Nettokreditaufnahme von zehn Milliarden Euro", sagte Michael Hüther, Chef des Instituts der deutschen Wirtschaft. "Man könnte diesen Spielraum teilweise nutzen, um den Investitionsstau bei der Infrastruktur schneller aufzulösen."

Auch der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Marcel Fratzscher, sagte: "Ich glaube, die Bundesregierung muss keine Sorge vor einem weiteren Vertrauensverlust haben, wenn sie die ,schwarze Null' aufgäbe. Ganz im Gegenteil, ich halte die ,schwarze Null' sogar für riskant, weil der Staat damit das falsche Signal an die Wirtschaft sendet." Ähnlich äußerte sich Clemens Fuest, Chef des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung: "Die ,schwarze Null' im Haushalt 2015 hat politische Symbolwirkung, ökonomisch hat sie keine große Bedeutung."

Dagegen warnte Hans-Werner Sinn, Präsident des Ifo-Instituts, generell vor einer Schuldenfinanzierung von zusätzlichen Investitionen. "Wir brauchen sicherlich mehr Investitionen. Vor einer Verschuldung zur Finanzierung warne ich aber mit Nachdruck, denn es wurden ohnehin schon viel zu viele Lasten auf die Zukunft verschoben", sagte Sinn. "Deutschland sollte sich dem Gang in den Schuldensumpf nicht anschließen, wie ihn Länder wie Frankreich und Italien vormachen."

Doch forderte er verbesserte Abschreibungsbedingungen für Private. "Eine beschleunigte Abschreibung könnte die privaten Investitionen anregen, und für mehr öffentliche Investitionen müssen Mittel freigemacht werden", sagte Sinn.

(mar)
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