Urteil des Bundesverfassungsgerichts Auch ohne Trauschein ist man Vater

Berlin (RPO). Das Bundesverfassungsgericht hat die Rechte von nicht verheirateten Vätern deutlich gestärkt. Bisher erhielten Männer in Beziehungen ohne Trauschein erst dann ein Sorgerecht, wenn die Mutter dem ausdrücklich zustimmte. Diese Regelung widerspricht dem Diskriminierungsverbot, so das Urteil der Richter. Ein 45-jähriger Vater aus Pulheim bei Köln hatte mit seiner Klage den Grundstein für die Entscheidung gelegt.

 Ledige Väter brauchen nicht mehr das Einverständnis der Mutter, um sich um gemeinsame Kinder kümmern zu dürfen.

Ledige Väter brauchen nicht mehr das Einverständnis der Mutter, um sich um gemeinsame Kinder kümmern zu dürfen.

Foto: AP, APN

Die Karlsruher Richter setzten mit ihrer Entscheidung ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs aus dem Dezember 2009 um, das die deutsche Regelung für verfassungswidrig erklärt hatte.

Bisher hatte die Mutter bei der Regelung des Sorgerechts eindeutig das Sagen. Auch wenn Vater und Mutter in einer festen Beziehung, unter einem Dach aber eben ohne Trauschein lebte, musste die Frau ihrem Lebenspartner explizit erlauben, das gemeinsame Kind erziehen zu dürfen.

Kein Automatismus

Die deutschen Richter gingen in ihrer Rechtssprechung bisher von folgendem Grundsatz aus: Wenn die Mutter das gemeinsame Sorgerecht ablehnt, wird sie dafür schwerwiegende Gründe haben.

Zum Beispiel weil sie einen schlechten Einfluss des Vaters auf das Kind fürchtet, sich im schlimmsten Fall sogar um die Sicherheit des Sprösslings sorgt. Eine Entscheidung gegen den Willen der Mutter galt damit faktisch als Entscheidung gegen das Kindswohl.

Dieser Auffassung der Mutter sei in jedem Falle Folge zu leisten. Auch sei es nach einer Trennung schwer zumutbar, wenn sich der ehemalige Partner immer wieder in Belange der Erizehung einmischt. Bei Eltern mit Trauschein gilt indes automatisch von Anfang an das gemeinsame Sorgerecht.

Die Richter in Straßburg sahen in dieser Regelung eine grundsätzliche und nicht zu rechtfertigende Schlechterstellung des Mannes. Damit gaben sie auch dem Pulheimer Musiker Horst Zaunegger Recht, dessen jahrelange Odysse von Gericht zu Gericht nun endgültig ein Happy End findet.

Musiker aus NRW legte Grundstein

Als sich der Pulheimer 1998 von seiner Freundin trennte, war die gemeinsame Tochter drei Jahre alt. Zunächst lief alles glatt. Das Mädchen lebte die Hälfte der Woche beim Vater, die andere Hälfte bei der Mutter. Doch als die Mutter im Jahr 2001 wegzog, kam es zum Streit.

Der Bassist wollte seine Tochter nicht nur zu festen, von der Mutter diktierten Zeiten sehen, sondern gleichberechtigt mit der Ex-Freundin erziehen. Zaunegger klagte. Das ist inzwischen neun Jahre her. Erst scheiterte er vor dem Kölner Oberlandesgericht, dann vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe.

"Ich bin also ein nicht-ehelicher Vater ohne Sorgerecht und ein ehelicher Vater mit Sorgerecht", klagte Zaunegger damals, der inzwischen zwei weitere, eheliche Kinder mit seiner neuen Partnerin hat.

Regel war aussterbendes Relikt in Europa

Die bestehende, für ihn absurde Rechtslage war schon damals ein aussterbendes Relikt in Europa. Sie existierte nur in Österreich, der Schweiz, Liechtenstein — und eben Deutschland.

Dann vor einem halben Jahr die Erlösung aus Straßburg, die Karlsruhe jetzt umsetzte: Die deutsche Regelung verstößt unter anderem gegen das in Artikel 14 festgelegte Diskriminierungsverbot und das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens in Artikel acht, wie es im Juristendeutsch heißt.

Happy End schon vor dem Richterspruch

Im Klartext: Väter haben die gleichen Rechte wie Mütter. Mütter wissen nicht nur deshalb automatisch besser, was gut für ihr Kind ist, weil sie Frauen sind.

Den Musiker aus Pulheim dürfte dieses Urteil Genugtuung verschafffen. Auswirkungen auf sein persönliches Leben dürfte es kaum haben. Im Laufe der vergangenen Jahre legte Horst Zaunegger den Streit mit der Mutter auch ohne richterliche Hilfe bei. Zu seiner Tochter pflegt er heute ein herzliches Verhältnis.

(csi/ddp/rtr/ing)
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