Parteiausschluss des Bundesbank-Vorstands Auch Berliner SPD geht gegen Sarrazin vor

Berlin (RPO). Der Druck der SPD auf den umstrittenen Bundesbank-Vorstand Thilo Sarrazin nimmt weiter zu. Nach dem Vorstand der Bundes-SPD und dem Berliner Kreisverband Charlottenburg-Wilmersdorf hat am Montag auch der Berliner Landesvorstand einen Antrag auf Parteiausschluss gegen den ehemaligen Berliner Finanzsenator gestellt. Die Entscheidung fiel nahezu einstimmig.

Presse: Sarrazin hat es geschafft
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Foto: ddp

Der Berliner SPD-Landes- und Fraktionschef Michael Müller sagte im Anschluss an die etwa zweistündige Sitzung, es gehe bei dem Parteiausschluss nicht darum, "eine Debatte zu unterdrücken". Hier gehe es um die "Grundwerte der Sozialdemokratie". Die Partei wolle das von Sarrazin propagierte Menschenbild nicht. Mit dem eigenen Antrag will der Landesverband die Voraussetzung schaffen, um sich aktiv am Ausschlussverfahren beteiligen zu können, sagte eine Parteisprecherin.

Währenddessen kämpft die SPD-Spitze mit Kritik aus der eigenen Partei. Dennoch will die SPD-Spitze nächste Woche das angekündigte Ausschlussverfahren gegen ihr umstrittenes Mitglied Thilo Sarrazin starten, teilte Generalsekretärin Andrea Nahles am Montag in Berlin mit.

Die SPD-Spitze um Parteichef Sigmar Gabriel hatte sich schon vergangene Woche für Sarrazins Ausschluss ausgesprochen. Der 65-Jährige steht wegen umstrittener Thesen zu fehlender Integrationsbereitschaft vor allem von muslimischen Zuwanderern in der Kritik. Ihm droht auch die Abberufung von seinem Bundesbankposten.

Unruhe in der SPD

Nahles räumte ein, dass der Fall für Unruhe in der SPD sorgt. Doch signalisierten die vielen Anrufe und E-Mails in der SPD-Zentrale keineswegs zu 90 Prozent Zustimmung für Sarrazins Thesen. Vielmehr zeigten sich viele Stimmen "irritiert, was der Kern der Aufregung ist". Hier sei noch viel Kommunikationsarbeit zu leisten.

Clement greift SPD-Spitze an

Clement, selbst ehemaliges SPD-Mitglied, griff die Parteispitze an. Die SPD gebe sich einer "hierzulande eingeübten Empörungskultur" hin und werde "blind und taub für die Probleme" der Migrationspolitik, sagte er der "Legal Tribune Online". Über Sarrazin sagte er: "Jeder, der ihn kennt, weiß, dass es verleumderisch ist, ihn auch nur in die Nähe rassistischer Überlegungen oder gar Überzeugungen zu bringen."

Sarrazins Aussagen über eine mangelnde Integration bestimmter Migrantengruppen und dessen Schlussfolgerungen für eine andere Integrationspolitik seien "nicht nur unangreifbar", sondern "sogar äußerst hilfreich". Die Empörung richte sich fast ausschließlich gegen Sarrazins "in der Tat dummen Bemerkungen" über jüdische beziehungsweise baskische Gene. Diese ließen sich jedoch leicht ausräumen.

Über den Parteiausschluss entscheidet eine Schiedskommission der SPD, die nun sechs Monate Zeit hat, eine erste mündliche Verhandlung mit Sarrazin anzusetzen.

(apd/ap/rtr/bs)
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