Bundesregierung will nochmal prüfen Atommülltransport nach Russland abgesagt

Berlin (RPO). Der geplante Atommülltransport vom nordrhein-westfälischen Zwischenlager Ahaus nach Russland findet vorerst nicht statt. Die Unterzeichnung des Vertrags sei zunächst abgesagt worden, da der "Sachverhalt nochmal" geprüft werde, teilte die Bundesregierung laut dem Pressedienst des Bundestags am Mittwoch dem Umweltausschuss mit. Unterdessen hat Russland die erste internationale Bank für Atombrennstoff eröffnet.

Atomkraftwerke in Deutschland
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Foto: AP

Angaben des SPD-Umweltexperten Matthias Miersch, wonach der Transport wegen Bedenken auf Seiten der Bundesregierung nicht zustande kommen werde, hatte eine Sprecherin von Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) zuvor nicht bestätigt.

Die Bundesregierung informierte den Umweltausschuss darüber, dass das Thema Sicherheit durch weitere Prüfungen abschließend beurteilt werden solle. Das Umweltministerium machte demnach auch klar, dass die Brennstäbe nicht in Deutschland bleiben könnten, da Deutschland nicht über ein entsprechendes Endlager verfüge.

951 Brennelemente aus DDR-Zeiten

Bei dem Atommüll handelt es sich um 951 Brennelemente aus dem früheren DDR-Kernforschungszentrum Rossendorf bei Dresden. Sie waren 2005 nach Ahaus gebracht worden. Die Pläne für den Transport ins russische Majak waren damit begründet worden, dass die Brennelemente aus der früheren Sowjetunion stammen. Allerdings stößt das Vorhaben auf zahlreiche Widerstände. Ein Bahntransport der teilweise mehr als 50 Jahre alten Behälter nach Russland gilt als zu gefährlich. Eine Verschiffung lehnten jedoch mehrere deutsche Häfen ab.

Die Fraktion der Grünen kritisierte die Vorgehensweise des Ministeriums im Umweltausschuss laut Bundestags-Pressedienst als "nicht offen". Es habe den Fall als geregelt dargestellt. Die SPD-Fraktion betonte, es käme darauf an, zu einer Entscheidung zu kommen. Die Fraktion der Linken erklärte, das Gebiet um Majak sei "eines der verstrahltesten Gebiete der Welt" und sorgte sich um die Kosten des Transports. Diese müsste nach Auskunft des Umweltministeriums das Land Sachsen tragen. Die Unionsfraktion erkundigte sich, was die Bundesregierung in internationalen Gremien tue, um Sicherheitsstandards durchzusetzen. Die FDP-Fraktion betonte, es ginge um eine sichere Entsorgung der Brennstäbe.

Der Atomkomplex Majak nahe der russisch-kasachischen Grenze war lange ein Zentrum der sowjetischen Plutonium-Industrie und Atomwaffen-Herstellung. Seit einem schweren Unfall 1957 ist das Gebiet stark radioaktiv verseucht. Mehrere Umweltverbände haben erhebliche Zweifel daran geäußert, dass eine geordnete Entsorgung oder Verwertung des Atommülls in Majak gewährleistet sei.

Um die unkontrollierte Anreicherung von Uran in anderen Ländern einzudämmen, hat Russland mit der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) die weltweit erste internationale Bank für atomaren Brennstoff gegründet. Die Reserve im sibirischen Angarsk umfasse derzeit 120 Tonnen schwach angereichertes Uran, das bei Engpässen an Partnerländer geliefert werden könne, teilte die russische Atomenergiebehörde Rosatom am Mittwoch in Moskau mit. Die Uran-Bank nutzen dürfen demnach Länder, die den Atomwaffensperrvertrag befolgen. Das Uran in Angarsk hat laut Rosatom einen Anreicherungsgrad von zwei bis 4,95 Prozent; waffenfähiges Uran ist zu mindestens 90 Prozent angereichert.

Die Uran-Reserve geht auf einen Vorschlag der russischen Regierung im September 2007 zurück. Ende März unterzeichneten die IAEA und Rosatom in Wien einen Vertrag über die Einrichtung der Reserve in Russland, im November wurde das Vorhaben von der Mehrheit der IAEA-Mitgliedsstaaten abgesegnet.

Die Uran-Bank soll Staaten, die Atomkraft für friedliche Zwecke nutzen, von Störungen auf dem Uran-Markt unabhängig machen und die politische Instrumentalisierung des Uran-Handels verringern. Staaten, die den Atomwaffensperrvertrag anerkennen, können Uran aus Angarsk erhalten, wenn die IAEA ihrer Anfrage zustimmt. Somit werde eine internationale Infrastruktur für Atomenergie geschaffen, die die "verlässliche Einhaltung der Regelung zur Nichtverbreitung von Atomwaffen" sicherstelle, erklärte Rosatom.

(AFP/felt)
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