Atommüll Kritik an Bayern in Endlagersuche

Berlin · Niemand möchte Atommüll in seiner Nachbarschaft. Doch bei der Suche nach einem Endlager dürfe keiner den Kopf einziehen, mahnen Umweltpolitiker. Am Montag soll klar sein, welche Gegenden in Frage kommen.

 Im Zwischenlager des Kernkraftwerks Gundremmingen in Bayern stehen Castor-Behälter mit verbrauchten Kernbrennstäben (Archiv).

Im Zwischenlager des Kernkraftwerks Gundremmingen in Bayern stehen Castor-Behälter mit verbrauchten Kernbrennstäben (Archiv).

Foto: dpa/Stefan Puchner

Auf der Suche nach einem deutschen Endlager für Atommüll haben führende Umweltpolitiker davor gewarnt, dass sich einzelne Bundesländer ihrer Verantwortung für ein offenes Verfahren entziehen könnten. „Bayern spielt Foul, indem Söder und Co. versuchen sich eigenmächtig aus dem Verfahren herauszunehmen“, kritisierte SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch. „Das ist ein absoluter Verstoß gegen den parteiübergreifenden Konsens der weißen Landkarte, also einer ergebnisoffenen Suche.“

An diesem Montag wird die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) nach drei Jahren Arbeit einen Zwischenbericht vorlegen, in dem möglicherweise geeignete Gebiete auf der bislang „weißen Karte“ eingefärbt werden. Die Kriterien für die Suche sind fest definiert. So soll das Endlager mindestens eine Million Jahre Sicherheit für die Lagerung des hochradioaktiven Abfalls bieten. Dafür kommen nur bestimmte Gesteinsschichten infrage. Vulkan- oder Erdbebengebiete scheiden aus, auch Bergbaugebiete dürften keine ausreichende Sicherheit gewährleisten. Eine finale Entscheidung soll 2031 fallen.

Bayerns Landesregierung war zuletzt mit Äußerungen aufgefallen, wonach beispielsweise das Zwischenlager Gorleben in Niedersachsen geeignet sei. Zudem soll Ministerpräsident Markus Söder (CSU) versucht haben, das Thema im Koalitionsausschuss aufzurufen – um möglicherweise Vorteile für Bayern auszuhandeln. Und im bayerischen Koalitionsvertrag von CSU und Freien Wählern heißt es: „Wir sind überzeugt, dass Bayern kein geeigneter Standort für ein Atomendlager ist.“

Es gehe nicht primär um Bundesländer und erst recht nicht um Parteitaktik, sagte SPD-Politiker Miersch. Wenn ein Verstoß wie von Bayern Schule machte, „wäre die Suche eines atomaren Endlagers gescheitert“, warnte er. Auch Bundesumweltministerin Svenja Schulze pochte auf politische Zurückhaltung. „Wenn die BGE heute erste Regionen einfärbt, dann ist das eine wissenschaftliche und keine politische Färbung“, sagte sie. Der Zwischenbericht schaffe noch keine Fakten, er diene vielmehr sehr frühzeitiger Transparenz und Öffentlichkeitsbeteiligung – beides zentrale Elemente über das gesamte Verfahren hinweg. „Nur so können wir das nötige Vertrauen aufbauen“, sagte Schulze. „Ich erwarte von allen Politikerinnen und Politikern, jetzt zur Verantwortung zu stehen – für diese gesamtgesellschaftliche Aufgabe und für das gemeinsam gewollte Verfahren.“

Bayerns Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler), der – im Gegensatz zu Miersch – Gorleben als geeigneten Standort bezeichnet hatte, warnte vor Ideologie bei der Suche nach einem Atommüll-Endlager. „Wir wollen am Ende das Endlager mit der bestmöglichen Sicherheit“, sagte er. „Hier entscheidet die Geologie, nicht die Ideologie." Man müsse ein Endlager finden, das für eine Million Jahre sicher ist. „Dazu braucht es eine absolut sichere geologische Barriere, keine technischen Nachbesserungen. Bayern stellt sich der Verantwortung im laufenden Suchverfahren", sagte Glauber.

Unterdessen lässt die nierderländische Regierungspartei VVD von Ministerpräsident Mark Rutte den Wiedereinstieg in die Atomkraft im großen Stil prüfen, um den CO2-Ausstoß zu verringern und Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Auch in Deutschland war die Debatte um ein Festhalten an Atomkraft durch strengere Klimaziele neu entfacht worden. Umweltministerin Schulze erteilte dem nun eine Absage. „Der Atomausstieg war eine Voraussetzung für den Neustart der Endlagersuche“, sagte sie. „Der Ausstieg ist und bleibt beschlossene Sache, und die Endlagersuche ist eine Gemeinschaftsaufgabe, an der sich auch die Kritiker der Atomkraft beteiligen“, sagte Schulze. „Wer heute den Atomausstieg wieder infrage stellen will, wie das einzelne tun, schadet damit nicht nur der Energiewende, sondern auch der Lösung des Atommüllproblems und betreibt gesellschaftliche Spaltung“, so die Ministerin.

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