Asyl in Deutschland Jobs, Jobs, Jobs für Flüchtlinge!

Meinung | Berlin · Das Kabinett hat am Dienstag das in der vergangenen Woche zwischen Bund und Ländern ausgehandelte Asylpaket auf den Weg gebracht. Dazu gehören mehrere Gesetzentwürfe. Doch das kann nur ein erster Schritt sein.

So verteilen sich Flüchtlinge auf Europa
Infos

So verteilen sich Flüchtlinge auf Europa

Infos
Foto: Köhlen, Stephan (TEPH)

Denn das Paket regelt ja vor allem erst einmal nur Finanzierungsfragen: Länder und Kommunen bekommen künftig jedes Jahr vier, fünf Milliarden Euro zusätzlich vom Bund für die Versorgung der Asylbewerber in den ersten Monaten bis zum Asylbescheid. Zudem erhöht der Bund die Zahl der Erstaufnahmeplätze um einige Zehntausend. Auch im Asylrecht wird es einige Verschärfungen geben. So soll es etwa in den Erstaufnahmeeinrichtungen — wenn möglich — nur noch Sach- statt Geldleistungen geben, und die Residenzpflicht in der Erstaufnahme wird wieder auf maximal sechs Monate erhöht. Diese Schritte sind richtig, aber nicht ausreichend.

Was aber passiert, nachdem ein Flüchtling untergekommen ist, die Kinder eingeschult und die ersten Sprachkurse absolviert wurden? Künftig muss die Integrations- und Arbeitsmarktpolitik in den Vordergrund rücken. Fehler der Vergangenheit dürfen sich nicht wiederholen. In Berlin-Neukölln oder Duisburg-Marxloh leben weite Teile der Bewohner nicht von regulärer Arbeit, sondern überwiegend von Sozialleistungen, Schwarzarbeit und anderem. Eine solche Entwicklung gilt es unbedingt zu verhindern. Andernfalls kann es Deutschland tatsächlich wohl doch nicht schaffen. Union und SPD sollten zunächst die unsinnige und überbürokratische Vorrangprüfung abschaffen. Im Moment muss die Arbeitsagentur immer noch prüfen, ob nicht auch ein Inländer einen angebotenen Job ausüben könnte, für den ein Zugewanderter aber schon ein guter Kandidat wäre. Auch die Anerkennung von Berufs- und Schulabschlüssen muss erleichtert und beschleunigt werden, damit die, die mit einer Berufsausbildung nach Deutschland kommen, rascher regulär arbeiten können. Geduldete dürfen noch immer keine Ausbildung beginnen, wenn sie älter als 21 Jahre sind. Auch diese Vorschrift gehört gestrichen. Auf die Ausstellung von Arbeitserlaubnissen müssen Asylbewerber oft noch zu lange warten. Das Leiharbeitsverbot für Asylbewerber und Geduldete muss nicht nur gelockert, sondern komplett abgeschafft werden. Zudem sollten Bildungswege für Asylbewerber schneller geöffnet werden, sei es in der dualen Ausbildung oder an den Universitäten, Fachschulen und Fachhochschulen. Dort müssen auch Kapazitäten ausgebaut werden, nicht nur in Schulen und Kitas.

Arbeit, Arbeit, Arbeit für Flüchtlinge und Asylbewerber — diese Maxime sollte überall ganz oben stehen. Daher ist es auch eine Diskussion wert, den gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro für Asylbewerber für eine Zeit von drei Monaten befristet auszusetzen. Diese Phase entspricht der Zeit, in der auch für Praktikanten im Rahmen einer Ausbildung der Mindestlohn nicht gilt. Was jedoch für Praktikanten als angemessen akzeptiert ist, sollte es für Asylbewerber ebenfalls sein. Ihre Einstellungschancen werden sich ohne Mindestlohn potenzieren, mit Mindestlohn jedoch macht es für viele sehr schwierig: Etwa ein Drittel der Zuwandernden kommt ohne jede Berufsqualifikation nach Deutschland.

Die Integrationserfordernisse schaffen selbst viel Arbeit. Sie wirken wie ein kleines Konjunkturprogramm: Flüchtlinge brauchen Sprachkurse, Weiterbildungskurse, Unterkünfte, Wohnungen, Telefone, Grundgesetz-Coachings, gesundheitliche und vor allem psychologische Versorgung. Die Flüchtlingsindustrie boomt bereits, bei manchen herrscht Goldgräberstimmung. Von diesem Boom sollten jetzt auch die Flüchtlinge selbst profitieren können — indem sie etwa so rasch wie möglich als Helfer eingestellt werden. Und warum sollte nicht ein Zuwanderer mit Bleibeperspektive ein Unternehmen gründen? Die Flüchtlingsindustrie bietet dafür reichlich Gelegenheiten.

Die Völkerwanderung nach Deutschland hat erst begonnen. Im Nahen Osten, Nordafrika und Afghanistan wollen noch viele Millionen Menschen die Flucht nach Europa und vor allem ins gelobte Land Deutschland wagen. Das löst bei uns nachvollziehbare Ängste aus, die sich auch durch noch so viele richtige politische Schritte kaum werden lindern lassen. Viele Menschen in Deutschland haben wirtschaftliche Verlustängste, denn Hunderttausende Zugewanderte beanspruchen Hartz-IV-Leistungen, Wohnberechtigungsscheine oder Arzttermine. Die Politik sollte versuchen, Verteilungskämpfe möglichst zu vermeiden. Und sie sollte den Ängsten viel stärker als bisher durch eine klare Ansprache der Bürger kommunikativ begegnen.

Es ist wichtig, dass führende Politiker diese Ängste ernst nehmen und den Bürgern sagen: Im Moment ist Deutschland wirtschaftlich so stark, dass niemand etwas verlieren wird, wenn weiter Hunderttausende ins Land strömen. Die wirtschaftliche Stärke muss freilich immer wieder erarbeitet werden. Deshalb ist es so wichtig, dass die Neuankömmlinge rasch arbeiten und selbst dazu beitragen, dass Deutschland diese Jahrhundertaufgabe bewältigen kann.

(mar )
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort