Flüchtlinge So läuft das Asylverfahren ab

Wie kommt der Asylantrag eigentlich zum Bundesamt für Migration und Flüchtlinge? Welche Stationen hat der Asylbewerber zu diesem Zeitpunkt seit seiner Einreise bereits hinter sich gebracht – und wie geht es nach der Antragsstellung weiter? Wir stellen die regulären Etappen des Asylverfahrens vor, die Flüchtlinge in Deutschland durchlaufen.
Das Bild zeigt, wie ein Asylbewerber in der Düsseldorfer Außenstelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf) einen Asylantrag stellt. (Archiv)

Die Grenze
1985 unterzeichneten die Regierungschefs von Deutschland, Frankreich und den Benelux-Staaten im luxemburgischen Grenzort Schengen das Schengener Abkommen über die Abschaffung der stationären Grenzkontrollen. Heute gehören 22 der 28 EU-Mitglieder sowie Norwegen, Island, die Schweiz und Liechtenstein zum Schengen-Raum. Innerhalb des Schengen-Gebietes gibt es nur stichprobenartig Personenkontrollen. Zollkontrollen finden aber statt. Das Abkommen legt fest, dass Personen an den Außengrenzen nach einem einheitlichen Standard kontrolliert werden müssen. In Ausnahmesituationen kann das Schengener Abkommen zumindest teilweise außer Kraft gesetzt werden.

Die Registrierung
Wer als Flüchtling nach Deutschland kommt, muss sich zunächst registrieren lassen. Die Registrierung erfolgt in der Regel in einer Erstaufnahmeeinrichtung. Bei der Registrierung werden die Personaldaten des Flüchtlings erfasst, er wird fotografiert und es wird ein Fingerabdruck genommen. Dieses Verfahren ist laut Dublin-Verordnung Pflicht. Die Verteilung der Flüchtlinge auf die Bundesländer erfolgt nach dem Königsteiner Schlüssel. Das ein Standardverfahren zur Verteilung von Kosten auf die Bundesländer - es wurde auf die Zuweisung von Asylbewerbern übertragen. Die Berechnung erfolgt nach Steuereinnahmen und Bevölkerungszahl.

Die Erstaufnahmeeinrichtung
In der Erstaufnahmeeinrichtung warten die Asylsuchenden auf die Registrierung und die weitere Verteilung. Erster Schritt ist eine medizinische Untersuchung, zum Beispiel werden sie auf Tuberkulose geröntgt. Jeder Erstaufnahmeeinrichtung ist eine BAMF-Außenstelle zugeordnet. Dort stellen die Flüchtlinge in der Regel ihren Asylantrag. In den Erstaufnahmeeinrichtungen sind Asylsuchende einige Tage bis maximal drei Monate untergebracht. Sie bekommen dort in der Regel Sachleistungen (Essen, Kleidung etc.) zur Verfügung gestellt. Bis 2016 bekamen Alleinstehende 143 Euro „Taschengeld“ im Monat – Familien bekommen pro Kind je nach Alter 85 bis 92 Euro zusätzlich. Das Asyl-Gesetzpaket der Bundesregierung , das 2016 beschlossen wurde, sieht vor, in den Erstaufnahmeeinrichtungen nur noch Sachleistungen auszugeben.

Von der Landeseinrichtung in die Kommunen
Von der der Erstaufnahmeeinrichtung kommen die Asylsuchenden in Zentrale Unterbringungseinrichtungen (ZUE) der Bundesländer. Die Zahl verändert sich stetig. Dort sollen die Asylsuchenden maximal acht Wochen lang wohnen. Je nach Verfügbarkeit leben die Asylsuchenden dann in den Kommunen entweder in Wohnungen oder in Wohnheimen, Containern oder Zeltstädten und warten auf die Entscheidung über ihren Asylantrag. Wenn Asylbewerber in einer Wohnung untergebracht sind, wo die Sachleistungen wegfallen, erhalten Alleinstehende 216 Euro, Kinder oder weitere Haushaltsmitglieder zwischen 133 und 194 Euro. Zusätzlich übernehmen die Behörden anfallende Wohnkosten. Ist ein Flüchtling länger als 15 Monate im Land, stehen ihm bei Bedürftigkeit Leistungen auf dem Niveau der Sozialhilfe zu.

Die Anhörung
Der Asylbewerber wird zu einer nichtöffentlichen Anhörung in eine Außenstelle des Bundesamts für Migration (Bamf) geladen. Ein Dolmetscher nimmt an der Anhörung teil. Zunächst werden einige allgemeine Daten und Fakten zum Lebenslauf abgefragt. Im Anschluss stellt die Anhörung für den Antragsteller die wichtigste Möglichkeit dar, seine Fluchtgründe ausführlich zu erklären und Auskunft über Reisewege und -umstände zu geben. Der Entscheider prüft die Aussagen auf Glaubwürdigkeit. Die Entscheidung erfolgt schriftlich. Da Syrer, Eritreer sowie Christen und Angehörige religiöser Minderheiten wie Mandäer und Jesiden aus dem Irak zu fast 100 Prozent als Flüchtlinge anerkannt werden, gibt es für sie ein beschleunigtes Verfahren ohne persönliche Anhörung.

Es gibt sechs Formen der Entscheidung, basierend auf dem jeweiligen Einzelschicksal des Antragstellers:
Asyl (nach Art. 16a Grundgesetz): der Schutz vor politischer Verfolgung durch einen Staat. Ein politisch Verfolgter ist, wer im Falle der Rückkehr einer schwerwiegenden Menschenrechtsverletzung ausgesetzt ist – wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe. Asyl wird in der Regel nicht gewährt, wenn der Antragsteller über einen sicheren Drittstaat eingereist ist.
Bedeutet: Aufenthaltserlaubnis gilt für drei Jahre. Freier Zugang zum Arbeitsmarkt. Anspruch auf Grundsicherung und Integrationsmaßnahmen.

Flüchtlingsschutz (gemäß der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK, Art.33): Ein Flüchtling ist eine Person mit der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe. Die Verfolgung kann vom Staat oder von einer nichtstaatlichen Gruppe ausgehen. Dieser Schutz wird auch gewährt, wenn der Antragsteller über einen sicheren Drittstaat eingereist ist.
Bedeutet: Aufenthaltserlaubnis gilt für drei Jahre. Freier Zugang zum Arbeitsmarkt. Anspruch auf Grundsicherung und Integrationsmaßnahmen.

Subsidiärer Schutz (§4 AsylVfG): Kann gewährt werden, wenn weder Asyl noch Flüchtlingsschutz zuerkannt werden und dem Antragsteller im Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht – die Todesstrafe, Folter, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung. Subsidiärer Schutz wird zudem bei internationalen und innerstaatlichen bewaffneten Konflikten im Heimatland des Antragstellers gewährt.
Bedeutet: Aufenthaltserlaubnis gilt vorerst für ein Jahr. Zugang zum Arbeitsmarkt und Anspruch auf Sozialleistungen.

Nationales Abschiebungsverbot (§60 AufenthG): Werden Flüchtlingsschutz, Asylrecht und subsidiärer Schutz versagt, kommt eventuell ein Abschiebungsverbot infrage. Dies ist der Fall, wenn dem Schutzsuchenden bei Rückkehr in sein Heimatland eine Verletzung der Menschenrechte droht oder eine Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht, wenn zum Beispiel eine bestehende Erkrankung im Heimatland nicht ausreichend behandelt werden kann.
Bedeutet: Aufenthaltserlaubnis gilt mindestens für ein Jahr. Anspruch auf Sozialleistungen. Gesonderte Arbeitserlaubnis nötig. Zugang zu Integrationskursen in der Regel möglich.

Duldung: Die Abschiebung wird vorübergehend ausgesetzt, etwa weil sie aus rechtlichen Gründen nicht möglich ist oder der Asylsuchende wegen einer Krankheit nicht reisefähig ist. Der Betroffene ist dann Geduldeter, zum Teil über lange Zeit. Die Abschiebung droht permanent.
Bedeutet: Dreimonatiges Arbeitsverbot, erst nach 15 Monaten Aufenthalt in Deutschland freier Zugang zum Arbeitsmarkt. In der Regel kein Anspruch auf Integrationsmaßnahmen.

Ablehnung: Wenn der Asylbewerber keinen Anspruch auf eine der Schutzformen hat, fordert das BAMF ihn zur Ausreise auf. Die Ausreisefrist beträgt 30 Tage. Weigert sich der Asylsuchende, kann er abgeschoben werden.
Bedeutet: Ausweisung.

Die Ausweisung/Abschiebung
Wer nach der Ausweisung nicht freiwillig ausreist, wird nach Ablauf einer bestimmten Frist abgeschoben – also beispielsweise in Polizeibegleitung in ein Flugzeug Richtung Heimat gesetzt. Menschen, die versuchen, sich dem zu entziehen, können in Abschiebehaft landen. Wer abgeschoben wird, muss laut Gesetz selbst die Kosten dafür tragen.

Der Rechtsweg
Wird ein Asylantrag abgelehnt, kann der Betroffene gerichtlich dagegen vorgehen. Abhängig von der Begründung der Ablehnung des Asylantrags beträgt die Klagefrist teilweise nur ein bis zwei Wochen. Ein Klageweg über alle Instanzen kann eine Verlängerung des Aufenthalts in Deutschland bedeuten: Aufgrund der steigenden Zahl von Klagen kann sich das Verfahren bis zu 20 Monate lang hinziehen. Allerdings haben Klagen von Asylbewerbern aus sicheren Herkunftsländern, wie aktuell beispielsweise aus den Balkan-Staaten, keine aufschiebende Wirkung: Sie können trotz Klage abgeschoben werden.
