Partei kratzt an Westerwelles Stuhl Antrag auf FDP-Sonderparteitag scheitert

Berlin (RPO). Die Lage auf dem Landesparteitag der hessischen FDP in Künzell war angespannt. Parteichef Jörg-Uwe Hahn wusste, dass sich die Aufmerksamkeit der Bundespartei an diesem Samstag auf Osthessen richten würde.

Guido Westerwelle - FDP-Chef auf Abruf
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"Wir begehen heute einen besonderen Parteitag. Jeder hier im Raum spürt es", sagte er schon am Vormittag. Es grummelt in der FDP. Streitigkeiten in der schwarz-gelben Koalition in Berlin lassen große Teile der Partei nervös werden.

So war es auch der Frust der hessischen Parteibasis, der sich auf dem Landesparteitag nahe Fulda entlud. Liberale Grundpositionen dürften zwischen CDU und CSU nicht zerrieben werden, lautete der Tenor.

Im Fokus des Parteitags stand der Vorsitzende des Kreisverbands Limburg-Weilburg, Christoph Müller. Bereits vor dem Treffen der Liberalen hatte er deutlich die Absetzung von Guido Westerwelle als Parteivorsitzenden gefordert.

Dabei ist der Möbelkaufmann Müller fast noch ein Neuling in der Partei: Erst vor vier Jahren trat er in die FDP ein. Und doch sah es so aus, als könnte er dem Polit-Profi Westerwelle gefährlich werden.

Müller: Von Zielen fast nichts übrig

In Künzell wurde über einen Antrag aus Limburg-Weilburg beraten, der einen außerordentlichen Bundesparteitag forderte, auf dem über die Zukunft der FDP und Westerwelles diskutiert werden sollte. Als Müller am Nachmittag ans Rednerpult des Gemeindezentrums in Künzell trat, lauschten die knapp 300 hessischen Delegierten gebannt.

"Was wir zu kritisieren haben, ist, dass die Programmatik der Partei nicht umgesetzt wird", sagte Müller. Die Parteibasis habe sich im Wahlkampf für einen Politikwechsel eingesetzt. "Jetzt ist von diesen Zielen fast nichts übrig geblieben." Das führe zu großer Enttäuschung bei den Wählern.

Für ein mangelndes liberales Profil der Bundesregierung sei nicht die ganze Partei verantwortlich, "sondern selbstverständlich der Parteivorsitzende", betonte Müller. Auch wenn die Delegierten dem Vorstoß aus Limburg-Weilburg nicht folgen wollten, stand Müller doch für die Unzufriedenheit bei Basis und Teilen des Führungspersonals.

Auch der FDP-Landesvorsitzende Jörg-Uwe Hahn lässt sich in die Contra-Westerwelle-Riege einreihen. Er hatte in mehreren Interviews die Führungsqualität von Vize-Kanzler Westerwelle in Frage gestellt. In Künzell wollte er aber die Schärfe aus der Diskussion nehmen. In seiner Rede erwähnte Hahn den Namen Westerwelle mit keinem Wort. Vielmehr ging es ihm um das Generelle.

Hahn fordert Neustart von Koalition

Von der schwarz-gelben Koalition im Bund forderte Hahn einen "Neustart". Dieser könne nur gelingen, wenn Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) aufhöre, "weiter mit dem Joker der Großen Koalition zu kokettieren", sagte Hahn.

Mit mahnenden Worten sparte er nicht: Zwischen den an der Regierung beteiligten Parteien CDU, CSU und FDP müsse ein Klima "kameradschaftlicher Zusammenarbeit" entstehen, wünschte sich Hahn. "Dieses Klima haben alle drei Bundesvorsitzenden der in Berlin verantwortlichen Parteien leider noch nicht geschaffen."

Die Regierungsbeteiligung im Bund oder die Position Westerwelles wollte die hessische FDP aber grundlegend nicht zur Disposition stellen. "Die Kritik ist berechtigt. Es hat nicht alles gut geklappt in dieser Koalition", sagte der stellvertretende Bundestagspräsident Hermann-Otto Solms. Es sei jetzt aber nicht sinnvoll, eine "Koalitionsdiskussion" zu führen.

Ruhe und Orientierungssuche hinter verschlossenen Türen heißt das Signal, das die hessische FDP in die Republik senden möchte. "Ich bin der festen Überzeugung, dass wir auf die ernste Lage der Partei mit einer objektiven Analyse antworten müssen", sagte Hahn.

(AFP/das)
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