Kabinett beschließt vier weitere Jahren Anti-Terror-Gesetze bleiben

Berlin (RPO). Deutsche Sicherheitsbehörden können auch in Zukunft auf Bank- und Flugdaten von Terrorverdächtigen zugreifen. Das Bundeskabinett beschloss am Mittwoch eine Verlängerung der Anti-Terror-Regelung um weitere vier Jahre. Die Ministerrunde einigte sich außerdem darauf, eine Kommission einzurichten, die die deutsche Gesetzgebung seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 in den USA kritisch betrachten soll. Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Peter Schaar, kritisierte beides als unbefriedigend.

Terrorziel Deutschland - eine Chronik
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Die rot-grüne Bundesregierung hatte als Folge der Anschläge vom 11. September 2001 eine ganze Reihe von Gesetzesänderungen beschlossen. Die Sicherheitsbehörden bekamen damals unter anderem erweiterte Befugnisse, auf Daten zuzugreifen. Die Regelungen wären im Januar 2012 ausgelaufen.

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) und Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hatten wochenlang über eine Verlängerung gestritten. Ende Juni waren sie sich schließlich einig geworden. Mehrere Befugnisse werden nun erweitert: So können die Verfassungsschützer in Zukunft an zentralen Stellen Auskünfte über Flugbuchungen und Kontodaten von Terrorverdächtigen einholen. Bisher mussten sie diese Informationen einzeln bei Fluggesellschaften und Banken abfragen. Andere Befugnisse werden dagegen gestrichen - etwa die Möglichkeit, Informationen über Postverkehr und Postfächer einzuholen.

Die Regierung will außerdem eine Kommission einrichten, die die Gesetzgebung seit den Terroranschlägen vom 11. September genauer unter die Lupe nimmt und auch die Organisation der Geheimdienste und Sicherheitsbehörden auf den Prüfstand stellt. Friedrich und Leutheusser-Schnarrenberger wollen die Runde selbst leiten. Hinzu kommen acht Experten - jeweils einer aus den beiden Ministerien und sechs externe Fachleute. Die Arbeit soll im Herbst beginnen. Ein erster Zwischenbericht ist für 2012 angekündigt.

Leutheusser-Schnarrenberger bezeichnete die Einrichtung der Kommission als "Trendwende in der Innen- und Sicherheitspolitik". Die Gesetzgebung seit dem 11. September werde "einer umfassenden und kritischen Gesamtschau unterzogen".

"Bedrohung ist weiter da"

Friedrich wertete die Anti-Terror-Gesetze als wichtige Antwort auf die Anschläge in den USA. "Da die Bedrohung in Deutschland nicht geringer geworden ist, sondern nach wie vor anhält, war es richtig und konsequent, dass die Koalition diese Gesetze nunmehr verlängert, um weitere vier Jahre", betonte der Minister, "wobei wir sie angepasst, modernisiert haben, auf die neuen Herausforderungen, auf die neue Situation."

Schaar kritisierte die Verlängerung. Der Kompromiss zwischen Innen- und Justizministerium sei "unbefriedigend", sagte er der Nachrichtenagentur dapd. "Was dort vereinbart worden ist, ist per saldo eine Ausweitung von Überwachungsbefugnissen." Als Beispiel nannte Schaar die Möglichkeit, direkt auf Flugbuchungssysteme zuzugreifen.

Der Datenschützer äußerte sich auch skeptisch zu der geplanten Kommission. Es sei ein reines Regierungsgremium. "Da habe ich nicht sehr viel Hoffnung, dass Befugnisse zurückgenommen werden", sagte er. Nach dem 11. September 2001 sei als Reaktion auf den Terror "gesetzgeberischer Aktionismus" entfaltet worden, kritisierte Schaar. "Man hat nicht genau hingeschaut, ob die Maßnahmen erforderlich und angemessen waren."

Polizeigewerkschaft begrüßt Verlängerung

Polizeigewerkschafter verteidigten die Anti-Terror-Gesetzgebung dagegen. Der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Bernhard Witthaut, sagte dapd, die Gesetzesänderungen seien richtig und gerechtfertigt. Die Bedenken der Datenschützer wies er als unbegründet zurück. Der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, betonte, die vergangenen zehn Jahre hätten gezeigt, "dass diese ganzen Alarmrufe, die Polizei würde einen Überwachungsstaat einrichten, vollkommener Blödsinn waren und sind". Wendt beklagte aber, es gebe noch immer Lücken bei den Sicherheitsgesetzen.

(apd/awei)
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