Philipp Rösler im Interview "Ans Aufhören denke ich nicht"

Berlin · Vor den Schicksalswahlen für den FDP-Chef an diesem Sonntag in Niedersachsen spricht Philipp Rösler über Fehler in der Vergangenheit und die Hoffnung, mit einem überzeugenden Sieg in Hannover eine Trendwende einzuleiten.

Das ist Philipp Rösler
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Sie haben mal gesagt: Man sollte als Politiker abtreten, solange die Zuschauer noch klatschen. Haben Sie den Zeitpunkt für einen Abgang in Würde verpasst?

Rösler Nein. An das Aufhören denke ich nicht. Wir kämpfen alle dafür, dass die FDP wieder mehr Zuspruch findet. In Niedersachsen zeigt der Trend für uns eindeutig nach oben.

In Niedersachsen geht es bei der Landtagswahl am Sonntag aber auch um Ihre Zukunft als FDP-Chef. Spüren Sie Solidarität in Ihrem Landesverband?

Rösler Gerade jetzt macht mir der Wahlkampf in meiner Heimat viel Freude. Es geht aber nicht um mich, sondern um die Zukunft des Landes Niedersachsen. CDU und FDP haben dort zehn Jahre lang gut regiert. Wir wollen, dass das so bleibt.

Sie haben die FDP vor zwei Jahren bei Umfragen von drei bis fünf Prozent übernommen. Jetzt liegt die Partei bei drei bis fünf Prozent. Was haben Sie geliefert?

Rösler Ich habe als Vorsitzender eine neue inhaltliche Offensive mit dem Thema Haushaltskonsolidierung eingeleitet. Das entspricht unserer liberalen Grundhaltung und ist hoch aktuell. In Nordrhein-Westfalen und in Schleswig-Holstein hat die FDP mit diesem Kernthema Wahlen gewonnen. Ich bin sicher, dass Stefan Birkner und seinem Team das in Niedersachsen auch gelingt.

Mit welchem Ergebnis rechnen Sie am Sonntag?

Rösler Zahlen werde ich nicht nennen. Aber ich bin sicher, dass Stefan Birkner und die Niedersachsen-FDP klar in den Landtag einziehen. Wir setzen die richtigen Themen: Schuldenabbau, gute Bildung, starkes Wirtschaftswachstum. Das Land steht gut da. Darauf kommt es an.

Wenn Schwarz-Gelb in Hannover überraschend doch bestätigt wird . . .

Rösler . . . dann wäre das ein schönes Signal für die Wahlen in Bayern und im Bund.

Und Sie bleiben auch bei 5,1 Prozent für die FDP im Amt?

Rösler Es geht um Niedersachsen. Darauf konzentrieren wir unsere gesamte Kraft.

Sie waren 2011 der Parteiliebling. Sie gelten als sympathisch und anständig. Können Sie sich Ihre schlechten persönlichen Werte erklären?

Rösler Wir wussten doch damals schon, dass der FDP eine schwierige Phase bevorsteht. Da kommt man nicht von heute auf morgen durch. Kritik, die ich als Parteivorsitzender einstecken muss, gilt oft gar nicht der Person, sondern dem Amt des Vorsitzenden. Man zielt auf den Vorsitzenden, um die gesamte Partei zu treffen. Diese Methode ist durchsichtig.

Waren Sie enttäuscht über den Umgang mit Ihnen in Ihrer FDP?

Rösler Das gehört zum Job des Vorsitzenden dazu. Wir sind die Partei der Freiheit. Auch der Meinungsfreiheit.

Es wirkt, als lassen Sie das alles gar nicht an sich heran. Haben Sie sich einen Panzer zugelegt, schlagen Sie abends zwei Stunden gegen den Boxsack oder weinen Sie in ihr Kissen?

Rösler (lacht) Ich bin für meine Gelassenheit bekannt. Die braucht man in schwierigen Zeiten.

Was würden Sie im Rückblick anders machen?

Rösler Es wäre vermessen zu sagen, ich habe keine Fehler gemacht. Natürlich habe ich in den ersten Monaten als Vorsitzender auch meinen Kurs gesucht, die eine oder andere Entscheidung hätte ich anders treffen sollen. Mit den Themen Wachstum, Schuldenabbau und dem Fokus auf Bildungspolitik und Bürgerrechte ist die FDP aber jetzt auf dem richtigen Kurs. Die Ausrichtung einer Partei lässt sich nicht per Knopfdruck ändern.

Sie haben doch kurz nach der Amtsübernahme erst wieder den alten Gassenhauer ,Steuersenkungen' aus der Kiste geholt.

Rösler Zu unserem liberalen Wertekanon gehört die Entlastung der Mittelschicht. Es ist uns ja auch gelungen. In diesem Jahr hat jeder Arbeitnehmer durchschnittlich 550 Euro mehr in der Tasche. Diese Politik unterscheidet uns ja gerade von SPD und Grünen. Die SPD hat ihren Kompass verloren, wenn sie die Entlastung der Gering- und Mittelverdiener bei der kalten Progression im Steuerrecht blockiert. Außer einem reichen Onkel als Spitzenkandidaten hat die alte Tante SPD für die Mittelschicht nichts zu bieten.

Trotzdem bleibt der Erfolg für die FDP ja offenbar aus. Haben Sie Berlin unterschätzt?

Rösler Ich habe mich damals bewusst für den Wechsel von der Landes- in die Bundespolitik entschieden. Meine Ämter machen mir viel Freude, hier kann ich viel bewegen.

Hätten Sie sich mehr Unterstützung von der Kanzlerin gewünscht?

Rösler Wir haben als FDP einige Erfolge in der Koalition vorzuweisen, etwa die Aussetzung der Wehrpflicht, die Entlastung bei den Rentenbeiträgen oder die Abschaffung der Praxisgebühr. Es ist an uns, diese Erfolge gemeinsam in der Öffentlichkeit auch zu kommunizieren.

Sie sind Vizekanzler, Parteivorsitzender und Wirtschaftsminister. Warum geben Sie nicht Verantwortung ab?

Rösler Ich kämpfe dafür, dass Deutschland weiter eine starke Wirtschaft hat und die Krise der umliegenden Staaten uns nicht erfasst. Dazu passen diese Ämter gut zusammen.

Beim Dreikönigstreffen hat Rainer Brüderle eine Wahlkampfrede gehalten, Sie eine ruhige Grundsatzrede. Könnte das die Aufstellung für den Bundestagswahlkampf sein? Sie Parteichef, er Spitzenkandidat?

Rösler Die Arbeitsteilung in Stuttgart hat gezeigt: Wir ergänzen uns gut. Rainer Brüderle ist ein großartiger Fraktionsvorsitzender, und er wird als starke Stimme der Liberalen im Bundestagswahlkampf gebraucht.

Welchen Schwerpunkt legt die FDP bis zur Bundestagswahl?

Rösler Wir müssen die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands weiter stärken, auch wenn wir wirtschaftlich allen Grund zur Zuversicht haben. Wir müssen uns darum kümmern, Fachkräfte für Unternehmen zu sichern, nicht nur im Inland, sondern auch durch das Anwerben von Nicht-Akademikern und beruflich Qualifizierten von außen. Wichtig ist auch, dass wir die Energiepolitik von der Planwirtschaft befreien und der Sozialen Marktwirtschaft anpassen. Die jetzige Förderung der erneuerbaren Energien ist der Hauptkostentreiber. Hier müssen wir ran.

(brö)
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