Bildungsgipfel fordert ihr Feingefühl Annette Schavan - die leise Ministerin

Berlin (RPO). Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) hat in diesen Tagen allen Grund zu guter Laune. Ihr Ressort hat die Sparklausur der Bundesregierung unbeschadet überstanden. Ob sich Schavans gute Laune hält, wird sich am Donnerstag beim Bildungsgipfel entscheiden.

 Bildungsministerin Annette Schavan will Bachelor- und Masterstudiengänge reformieren.

Bildungsministerin Annette Schavan will Bachelor- und Masterstudiengänge reformieren.

Foto: ddp, ddp

Während andere Häuser kürzen und knausern müssen, bekommt Schavan sogar noch Geld obendrauf - zusätzlich zwölf Milliarden Euro bis 2013. "Vorrang für Bildung und Forschung" steht im Sparbeschluss der Koalition. "Das ist schon schön zu lesen", sagt Schavan und grinst. Stiller Triumph ist eher ihre Sache als lautstarke Euphorie.

Beim Bildungsgipfel geht um das große Zehn-Prozent-Ziel bei den Ausgaben für Bildung und Forschung - und das steht angesichts der Haushaltsmisere und der Bund-Länder-Streitigkeiten auf der Kippe.

Schavan ist keine "Lautsprecherin". Schneidige Interviews über die Lage der Nation oder der Koalition überlässt sie Regierungs- und Parteikollegen. Tingeleien durch Talkshows ebenso. Ihre Sprache ist bedacht, der Ton sachlich, und Lockerheit leistet sie sich nur in kleiner Runde.

"Lieber geräuschlos und erfolgreich"

Zu leise, zu farblos, zu wenig präsent findet sie manch einer. Solche Vorwürfe ärgern Schavan nicht. Im öffentlichen Leben bekomme man eben "bestimmte Etiketten" verpasst, und die ließen sich nicht so schnell abschütteln. "Es geht nicht nur leise", räumt sie ein, "aber lieber geräuschlos und erfolgreich als viel Rauschen und wenig Ergebnisse".

Geräuschlos hat Schavan schon jede Menge auf den Weg gebracht - den Hochschulpakt etwa oder einen enormen Budgetzuwachs für Bildung und Forschung. In der Öffentlichkeit geht sie trotzdem oft unter. In Politikerranglisten landet sie in der Bekanntheit immer weit hinten.

Das öffentlichkeitswirksame Thema Schule überlässt Schavan - getreu dem Föderalismus - den Kultusministern in den Ländern. Mit Inbrunst widmet sie sich stattdessen den Themen, bei denen sie etwas ausrichten kann - Forschungsförderung zum Beispiel.

In der Wissenschaft ist sie sehr gut vernetzt, hat dort ihre größten Anhänger. Sie tummelt sich gerne in Forschungslabors, bei den Studentenprotesten hat man sie dagegen lange vermisst. Erst spät ging sie auf die Studenten zu und hörte sich ihre Klagen an. Das brachte ihr einige Kritik ein.

Vertraute der Kanzlerin

"Wer im öffentlichen Leben steht, wird kritisiert", sagt Schavan. "Und wer Kritik nicht verträgt, der wird nicht lange im öffentlichen Leben bleiben." Schavan ist schon lange dabei - seit fünf Jahren als Bundesbildungsministerin, davor zehn Jahre als Kultusministerin in Baden-Württemberg. Seit zwölf Jahren ist Schavan auch CDU-Bundesvize. Mit parteipolitischen Äußerungen hält sie sich aber zurück. Internes auf offener Bühne auszutragen, ist nicht ihre Art.

Schavan ist Vertraute der Kanzlerin, kaum einer Kabinett ist ihr näher. Mit Angela Merkel verbindet sie einiges. Beide sind Quereinsteigerinnen, keine Partei-Urgewächse. Und beide mussten sich gegen jede Menge politische Kungeleien unter Männern durchsetzen.

Das "C" im Namen ihrer Partei nimmt Schavan ernster als einige andere in der CDU. Das hat sie schon in problematische Situationen gebracht. In der Debatte über Stammzellforschung etwa saß die Katholikin und oberste Fürsprecherin der Forschung zwischen allen Stühlen - mit die schwierigste Phase in ihrer Amtszeit.

"Christen sollten sich dem öffentlichen Leben stellen", sagt die Theologin. "Das ist der stärkste Grund für meine politische Arbeit." Religion sei für sie "Kraftquelle" - und ein "Gegengewicht" zu ihrem hektischen Alltag in der Politik: immer verplant und unterwegs von Termin zu Termin. Sie bewahrt sich einen "Raum des Unverfügbaren". Termine am Sonntagvormittag "hasst" sie.

Vorliebe fürs Vermitteln

Solche Vokabeln sind ungewöhnlich für Schavan, sie mag es gerne diplomatischer. Schavan sieht ihre Stärke im Vermitteln und "Brücken bauen", um zu einem Kompromiss zu kommen.

Gerade in der Bildungspolitik und dem komplizierten Bund-Länder-Gefüge hat sie damit viel zu tun - Kompetenzgerangel und Streit ums Geld stehen auf der Tagesordnung. In der Wortwahl von Schavan: "Das Amt als Bundesbildungsministerin verlangt ein Höchstmaß an Sensibilität."

Dies Feingefühl ist nun beim Bildungsgipfel gefragt. Bund und Länder haben sich darauf verständigt, die Ausgaben für Bildung und Forschung bis 2015 auf zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu steigern. Doch der Weg dahin ist umstritten.

Mehrere Länder halten das Vorhaben angesichts der klaffenden Haushaltslöcher nicht für finanzierbar und verlangen mehr Mehrwertsteueranteile, um die Ausgaben zu kompensieren. Der Bund hat diese Forderungen bislang stets zurückgewiesen. Der Ausgang ist offen.

Das Gipfel-Gerangel um die Bildungsmilliarden fällt ausgerechnet auf Schavans Geburtstag. Am Donnerstag wird sie 55. Auf jeden Fall erwarte sie ein "bewegter Geburtstag", sagt Schavan. Und da ist sie wieder, die Diplomatin.

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