Rede vor Atlantik-Brücke CDU-Chefin Kramp-Karrenbauer nimmt US-Präsident Trump in Schutz

Berlin/Washington · Es ist keine zwei Wochen her, dass Kanzlerin Merkel in einer Rede an der US-Eliteuni Harvard mit der Politik von Präsident Trump abgerechnet hat. Ihre Nachfolgerin als CDU-Chefin verfolgt in ihrer ersten Rede zum transatlantischen Verhältnis einen anderen Ansatz.

 CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer bei ihrer Rede bei der Deutsch-Amerikanischen Konferenz der Atlantik.Brücke.

CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer bei ihrer Rede bei der Deutsch-Amerikanischen Konferenz der Atlantik.Brücke.

Foto: dpa/Wolfgang Kumm

CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer hat vor überzogener Kritik an US-Präsident Donald Trump gewarnt. „Wenn heute allzu oft auch in Diskussionen hier in Deutschland in einem Atemzug die Präsidenten Trump, Putin und Erdogan genannt werden, dann ist das eine Äquidistanz, die nicht hinzunehmen ist“, betonte sie am Mittwoch bei der Deutsch-Amerikanischen Konferenz in Berlin. Äquidistanz bedeutet gleicher Abstand, in diesem politischen Kontext also, keinem der Akteure näherzustehen als dem anderen. Sie bekannte sich in ihrer ersten Rede zum transatlantischen Verhältnis klar zu der von den USA geforderten Erhöhung der Verteidigungsausgaben und verzichtete weitgehend auf Kritik an Trumps Außenpolitik.

Kramp-Karrenbauer hob das „enge Geflecht an Werten, an Überzeugungen, an demokratischer Struktur“ hervor, das es mit den USA gebe. Sie beklagte aber, dass durch die Präsidentschaft Trumps „anti-amerikanische Reflexe“ wieder zu Tage gefördert worden seien, die es schon immer gegeben habe.

Man könne zwar vieles an der Regierung von Trump kritisieren, sagte Kramp-Karrenbauer. Sie fügte aber hinzu: „Der entscheidende Unterschied zwischen den Vereinigten Staaten und Russland zum Beispiel ist, dass Journalisten dort ihre Arbeit unbeeinträchtigt machen können, während sie in Russland in Schauprozessen vor Gericht gestellt werden.“

Kramp-Karrenbauer schlug damit eine andere Tonlage an, als Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vor zwei Wochen in ihrer viel beachteten Rede an der US-Eliteuniversität Harvard. Merkel hatte sich dort klar von Trump abgegrenzt. Sie kritisierte unter anderem nationale Alleingänge in der internationalen Politik und die Gefährdung des freien Welthandels durch Protektionismus. Auch wenn Merkel Trump kein einziges Mal namentlich erwähnte, wirkte ihre Rede wie eine Abrechnung mit der Politik des US-Präsidenten.

Kramp-Karrenbauer ging in ihrer Rede dagegen deutlich verständnisvoller mit Trump um. Zu dessen Kritik an mangelnden Verteidigungsausgaben der europäischen Bündnispartner sagte sie, dass das auch schon von früheren Präsidenten bemängelt worden sei. Die CDU-Chefin bekannte sich klar zum Ziel der Nato, zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) für Verteidigung auszugeben. „Es geht um gegenseitiges Vertrauen. Es geht auch um die Frage, ob Deutschland ein verlässlicher Partner ist“, sagte sie. Eine Freundschaft vertrage es nicht, wenn einer langfristig mehr Lasten tragen müsse als der andere.

Das Zwei-Prozent-Ziel sei ihr auch deshalb so wichtig, weil es ein Signal an die Nato-Staaten in Osteuropa sei, die sich von Russland bedroht fühlen. Außerdem sei es im deutschen Sicherheitsinteresse. „Das hat nichts mit Präsident Trump zu tun, das hat nichts mit der Nato zu tun, das hat etwas mit Fürsorgepflicht für unsere Soldaten zu tun“, sagte sie.

Die Nato hat auf ihrem Gipfel in Wales 2014 beschlossen, dass sich jeder Mitgliedstaat bis 2024 dem Ziel annähern soll, zwei Prozent des BIP für Verteidigung auszugeben. Die Bundesregierung hat versprochen, bis zu diesem Datum auf 1,5 Prozent zu kommen. In der mittelfristigen Finanzplanung ist das bisher aber nicht abgebildet. 2014 gab die Bundesregierung 1,18 Prozent des BIP für Verteidigung aus.

Auch der frühere Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) bekannte sich bei der Konferenz zum Zwei-Prozent-Ziel, plädierte aber dafür, nur 1,5 Prozent für die Bundeswehr und 0,5 Prozent für die Modernisierung der Armeen der osteuropäischen Nato-Partner auszugeben. Gleichzeitig kritisierte er, dass Europa bei der Lösung internationaler Krisen kaum eine Rolle spiele. Ob das so bleibe, hänge wesentlich davon ab, welchen Weg Deutschland einschlage. Wenn es sich dafür entscheide, eine „zweite Schweiz“ zu sein - wirtschaftlich bedeutend, aber politisch irrelevant - werde Europa schwach bleiben.

Gabriel soll Ende Juni den Vorsitz der Atlantik-Brücke übernehmen und wird damit den einflussreichsten Verein zur Pflege der transatlantischen Beziehungen führen. Er löst Friedrich Merz ab, der die Konferenz am Mittwoch eröffnete. Merz war Kramp-Karrenbauer bei der Entscheidung über die Merkel-Nachfolge an der Parteispitze unterlegen.

Seit dem Desaster bei der Europawahl, bei der die Union auf das bisher schlechteste Ergebnis bei einer bundesweiten Wahl kam, wird aber darüber spekuliert, ob Merz statt Kramp-Karrenbauer Kanzlerkandidat werden könnte. Bei der Konferenz hielten sich aber fast alle daran, nur über Außenpolitik zu reden. Eine Ausnahme machte der WDR-Intendant Tom Buhrow: „Ich komme heute aus dem Land von Ministerpräsident Armin Laschet, die Einführungsrede hielt Friedrich Merz und jetzt kündige ich Annegret Kramp-Karrenbaueran. Was für ein innenpolitischer Spannungsbogen“, sagte er bei der Ankündigung der Hauptrednerin. Laschet wird ebenfalls als möglicher Kanzlerkandidat gehandelt.

(mja/dpa)
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