Annegret Kramp-Karrenbauer "Ich möchte wissen, wer hinter solchen Kommentaren steckt"

Berlin · Annegret Kramp-Karrenbauer hat ihre viel kritisierte Forderung nach Regeln fürs Internet konkretisiert. Als ein Problem hat die CDU-Vorsitzende das anonyme Schreiben von Kommentaren ausgemacht.

 Annegret Kramp-Karrenbauer Anfang der Woche in Berlin.

Annegret Kramp-Karrenbauer Anfang der Woche in Berlin.

Foto: dpa/Michael Kappeler

„Ich bin für Meinungsfreiheit. Aber ich möchte über den Umgang miteinander im Netz reden“, sagte sie der „Bild am Sonntag“. Ein dramatisches Beispiel sei die Tötung des ihr persönlich bekannten Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke: Sie sei fassungslos, dass dessen Familie nicht nur mit der existenziellen Erschütterung leben müsse, „sondern auch damit, dass dieser Tod im Netz mit Hass, Häme und unverhohlener Freude kommentiert wird“.

Dies sei „ein Anschlag auf die Grundregeln des Zusammenlebens“. „Wir müssen darüber reden, ob im Netz alles erlaubt sein darf. Oder ob wir nicht eine strengere Netiquette brauchen. Ich möchte wissen, wer hinter solchen Kommentaren steckt“.

Zuvor hatte Kramp-Karrenbauer heftige Kritik geerntet, weil sie eine offensive Diskussion über politische „Meinungsmache“ im Netz angeregt hatte. „Die Frage stellt sich schon mit Blick auf das Thema Meinungsmache, was sind eigentlich Regeln aus dem analogen Bereich und welche Regeln gelten eigentlich für den digitalen Bereich“, hatte sie gefragt. Ihr war danach unterstellt worden, gefordert zu haben, die Meinungsfreiheit im Netz einzuschränken.

Ex-Minister warnt vor „Empörungsritualen“

Der frühere Innenminister Thomas de Maizière (CDU) spricht sich indes dafür aus, die Wirkung von Youtube-Stars auf die Demokratie kritisch zu beleuchten. „Wir brauchen eine Debatte darüber, was die Wucht und die Reichweite von Influencern mit dem demokratischen Prozess macht“, sagte de Maizière dem RedaktionsNetzwerk Deutschland.

„Ich will keine neuen Regeln“, betonte der CDU-Politiker. Er wünsche sich aber, „dass in den sogenannten sozialen Medien auch mal eine Debatte über Umgangsformen und ethische Grenzen stattfindet“. Auch über Empörungsrituale müsse nachgedacht werden. Reichweite und Verantwortung gehörten immer zusammen, sagte de Maizière. „Und informelle Standards sind der Kitt jeder Gesellschaft.“

Der Umgangston im Internet sei einseitig von Empörung geprägt, so der CDU-Politiker. „Im Internet droht ständig der Untergang des Abendlands.“ Dies hänge vielleicht damit zusammen, „dass in der Vielstimmigkeit des Internets nur Empörung durchdringt“. De Maizière mahnte: „Diesen Empörungsritualen darf die Politik nicht erliegen.“

(csi/dpa)
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