CDU-Parteitag Kramp-Karrenbauer gewinnt Machtprobe

Leipzig · Die CDU-Vorsitzende hat sich auf dem Parteitag vorerst durchgesetzt. Der Konflikt um die nächste Kanzlerkandidatur schwelt aber weiter.

 Annegret Kramp-Karrenbauer am Freitag beim CDU-Parteitag in Leipzig.

Annegret Kramp-Karrenbauer am Freitag beim CDU-Parteitag in Leipzig.

Foto: dpa/Kay Nietfeld

Unter dem Druck massiver parteiinterner Kritik und schlechter Umfragewerte hat CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer beim Parteitag in Leipzig überraschend die Vertrauensfrage gestellt und auf diese Weise ein Signal des Zusammenhalts erzwungen. Ihre Widersacher um den früheren Fraktionsvorsitzenden Friedrich Merz forderten die Saarländerin am Freitag in der anschließenden Aussprache nicht mehr heraus.

Kramp-Karrenbauer stellte die rund 1000 Delegierten zum Schluss ihrer fast 90-minütigen Rede vor die Wahl, entweder den von ihr skizzierten Weg für eine Politik der Mitte mitzugehen oder den Widerstand gegen sie und ihre Politik offen auszusprechen und sie zu stürzen: „Dann lasst es uns heute beenden. Hier und jetzt und heute“, sagte sie. Andernfalls müssten jetzt alle die Ärmel hochkrempeln und anfangen, geplante Neuerungen in der Sozialpolitik, bei der Digitalisierung oder in der Außen- und Sicherheitspolitik umzusetzen. Für ihre Rede bekam sie sieben Minuten lang Applaus.

Merz erklärte später am Rande des Kongresses, er habe den Sturz der Parteivorsitzenden nie geplant. Er machte aber auch deutlich, dass er mit Blick auf die nächste Bundestagswahl im Führungsteam der CDU einen Platz einnehmen will. „Wenn Sie wollen, dass ich dabei bin, dann bin ich dabei“, rief er in seiner Parteitagsrede, für die er ebenfalls viel Applaus bekam.

Der frühere hessische Ministerpräsident Roland Koch sagte unserer Redaktion, Kramp-Karrenbauers Amt als Parteichefin habe gar nicht infrage gestanden. Die Debatte vor dem Parteitag habe sich um die nächste Kanzlerkandidatur gedreht, für die Kramp-Karrenbauer einen Vorschlag machen müsse. Diese Entscheidung stehe aber derzeit nicht an. Es sei jedoch legitim, die Vertrauensfrage zu stellen, wenn man derart attackiert werde. Ob das die Chancen auf die Kanzlerkandidatur erhöhen werde, sei offen. Merz und Kramp-Karrenbauer hätten beide kluge Reden gehalten.

Gesundheitsminister Jens Spahn rief die CDU-Mitglieder dazu auf, hart miteinander zu ringen – aber immer auf Augenhöhe und mit Respekt. Viele Redner warnten die Partei davor, ihr Führungspersonal so schlecht zu behandeln, wie es bei der SPD zu beobachten sei. Das erschüttere das Vertrauen der Wähler.

Inhaltlich skizzierte Kramp-Karrenbauer ihre Pläne in der Digital-, Umwelt- und Sozialpolitik. So sprach sie sich für ein neues Ministerium aus, ohne zu sagen, ob es noch in dieser Legislaturperiode zu einer Umstrukturierung des Kabinetts kommen soll. Sie betonte nur: „Wir kommen um ein Digitalministerium nicht herum.“

Ferner kündigte Kramp-Karrenbauer an, sie werde in der Partei zur Abstimmung stellen, ob die CDU sich für ein verpflichtendes Dienstjahr für alle aussprechen soll. Dazu wird es am kommenden Donnerstag ein sogenanntes Werkstattgespräch geben. „Es gibt nicht nur Rechte von Staatsbürgern, es gibt auch Pflichten von Staatsbürgern“, begründete die CDU-Chefin ihren Vorstoß.

Für die meisten strittigen Themen wie die Beteiligung des chinesischen Konzerns Huawei am Ausbau des 5G-Mobilfunknetzes in Deutschland oder die Einführung einer Frauenquote bereitete der CDU-Vorstand Kompromisse vor. Auch im Konflikt um die Grundrente gab es am Freitagabend eine Einigung. Der Parteitag beauftragte die CDU-Führung, die geplante Rente über neue Einnahmen aus einer Transaktionssteuer zu finanzieren.

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