Kinderporno-Verdacht Anklage gegen Tauss erhoben

Karlsruhe (RPO). Wegen des Besitzes und Erwerbs von kinderpornografischem Material hat die Staatsanwaltschaft Karlsruhe Anklage gegen den früheren SPD-Bundestagsabgeordneten Jörg Tauss erhoben. Die Piratenpartei, der Tauss danach beigetreten war, stellte sich den Politiker.

Das ist Jörg Tauss
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Für den unter Kinderpornoverdacht stehenden früheren SPD-Politiker Jörg Tauss wird es ernst: Nach der Aufhebung der Immunität durch den Bundestag erhob die Staatsanwaltschaft Karlsruhe jetzt Anklage gegen den 56-Jährigen. Es bestehe der hinreichende Verdacht, dass Tauss zwischen 2007 und 2009 in 102 Fällen "weit überwiegend kinderpornografische, aber auch jugendpornografische Dateien erlangt, weitergegeben und besessen" habe. Insgesamt habe er sich rund 300 solcher Bild- und Videodateien beschafft und teils auf seinem Handy abgespeichert.

Tauss-Anwalt Jan Mönikes äußerte am Mittwoch scharfe Kritik am Vorgehen der Behörde: Die Anklageerhebung markiere den Endpunkt einer unsäglichen medialen Inszenierung, die von der Staatsanwaltschaft von Beginn der Ermittlungen an befördert worden sei: "Das Ergebnis ist, dass mein Mandat eine 'Verurteilung ohne Urteil' bereits erlitten hat - schon längst, bevor die Anklageschrift überhaupt zugestellt wurde."

Auch der Vorsitzende der Piratenpartei äußerte sich scharf: "Ich kann das nur als politisches Wahlkampfmanöver bewerten", wurde der Parteivorsitzende Jens Seipenbusch von der "Mitteldeutschen Zeitung" zitiert. Es sei völlig unnötig, die Immunität so kurz vor der Wahl noch aufzuheben - nicht einmal 20 Tage, bevor Tauss aus dem Bundestag ausscheide.

"Für die Piratenpartei hat das keine Auswirkung - außer dass wir heute mit solchen negativen Dingen noch einmal in der Presse sind", sagte Seipenbusch. Eine Anklage sei ja keine Verurteilung: "Die Unschuldsvermutung gilt." Wenn es zu einer Verurteilung käme, würde die Piratenpartei die Sache allerdings "neu bewerten wollen". Wegen des laufenden Verfahrens besetze Tauss schon heute keine Ämter für die Partei und kandidiere auch nicht für den Bundestag.

Tauss hatte den Besitz des Materials eingeräumt, aber immer betont, er habe in seiner Eigenschaft als Bundestagsabgeordneter in der Szene im Zusammenhang mit einem Kinderporno-Ring recherchiert. Das wertete die Anklagebehörde als Schutzbehauptung: Die Ermittlungen hätten keine objektiven Anhaltspunkte für die Richtigkeit dieser Behauptung ergeben, hieß es. "Darüber hinaus sprechen gewichtige Umstände gegen die Erklärung des Abgeordneten; sie ist nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft widerlegt."

Staatsanwalt Rainer Bogs sagte ergänzend, bei Tauss seien keine Berichte oder schriftliche Aufzeichnungen gefunden worden, die seine Behauptungen stützten. Der Bundestagsabgeordnete habe auch zwischen Mai 2008 und Januar dieses Jahres an andere Personen über sein Handy fünf solcher Bilder und ein Video verschickt. Bei einer Durchsuchung sei ebenfalls einschlägiges Material gefunden worden. Zudem seien drei DVDs mit insgesamt zehn Videos von den Ermittler sichergestellt worden.

Juristische Grundsatzfrage

Die Hinweise auf den Politiker sollen aus Bremerhaven gekommen sein, wo gegen einen Verdächtigen wegen Kinderpornografie ermittelt wird, der Tauss' Telefonverbindungsdaten und SMS gehabt haben soll. Der Bundestagsabgeordnete war im März wegen des Besitzes kinderpornografischen Materials unter Druck geraten.

Er trat sowohl als medienpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion als auch als Generalsekretär der SPD Baden-Württemberg zurück. Im Juni gab er sein Parteibuch zurück und wechselte zur Piratenpartei. Tauss scheidet nach der Bundestagswahl aus dem Parlament aus.

Anwalt Mönikes sagte: "Es bleibt zu hoffen, dass das Gericht anders als die Staatsanwälte in der Lage sein wird, die Erklärungen meines Mandanten unvoreingenommen zu prüfen." Das Gericht werde dann auch ganz grundsätzlich zu entscheiden haben, ob Tauss als für dieses Thema zuständiger Bundestagsabgeordneter zu diesen Recherchen berechtigt gewesen sei.

(AP/csi)
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