Spähaffäre Merkel will weiter No-Spy-Abkommen mit USA

Berlin · In der Koalition droht ein größerer Zwist: Die jüngsten Enthüllungen in der Spähaffäre sorgen für neuen Unmut. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) wies am Montag den auch von der SPD erhobenen Vorwurf der Täuschung zurück und stellte sich vor ihre Mitarbeiter im Kanzleramt.

Wer hört wen ab - und was man dagegen tun kann
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Foto: dpa, Jens Büttner

Die SPD will dagegen "den Druck erhöhen" und fordert Aufklärung. Merkel bekräftigte, sie wolle weiter an einer Art No-Spy-Abkommen mit den USA arbeiten.

Medien hatten am Wochenende unter Berufung auf interne E-Mails vom Juli 2013 berichtet, dass es von Seiten der US-Regierung nie eine konkrete Zusage zu einem solchen, von Deutschland gewünschten, No-Spy-Abkommen gegeben habe. Trotzdem habe der damalige Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU) am 12. August 2013 vor der Presse verkündet: "Die US-Seite hat uns den Abschluss eines No-Spy-Abkommens angeboten." SPD und Opposition warfen der Regierung daraufhin vor, die Öffentlichkeit wegen der damals bevorstehenden Bundestagswahl getäuscht zu haben.

Merkel verteidigte ihre Mitarbeiter. Jeder habe "nach bestem Wissen und Gewissen gearbeitet". Das gelte sowohl für den heutigen Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) als auch für seinen Vorgänger Pofalla. Zu Details werde sie sich in den zuständigen Ausschüssen des Bundestags äußern. Merkels Sprecher sagte auf die Frage, ob es jemals Angebote der USA für ein solches Abkommen gegeben habe, Grundlage der damaligen Einschätzung sei ein Angebot der US-Seite gewesen, "damals schon bestehende Vereinbarungen für gemeinsame Projekte zu verallgemeinern, auf ganz Deutschland anzuwenden".

Merkel bekräftigte das von ihr vor zwei Jahren ausgegebene Ziel, "dass sich Nachrichtendienste auch an deutsche Gesetze zu halten haben, wenn sie sich in Deutschland bewegen". Die USA waren bislang allerdings nicht bereit zu einer entsprechenden Verpflichtung. Merkel räumte ein: "Das durchzusetzen mag vielleicht schwieriger sein, vielleicht länger dauern als gewünscht, aber als politisches Ziel bleibt es für mich erhalten."

SPD spricht von "offensichtlichem Versagen"

SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi sprach von einem "offensichtlichen Versagen" in Merkels Kanzleramt, das aufgeklärt werden müsse. Sollten die Berichte über den Umgang mit dem No-Spy-Abkommen zutreffen, "dann hat die Union im Wahlkampf gelogen".

Empört äußerte sich auch der damalige Koalitionspartner FDP. Parteichef Christian Lindner sagte: "Wir fühlen uns von unserem ehemaligen Koalitionspartner getäuscht". Die frühere FDP-Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger warf dem Kanzleramt vor, "die Menschen hinter die Fichte" geführt zu haben. Das No-Spy-Abkommen sei damals "eine unserer zentralen Antworten" auf die Enthüllungen über die US-Ausspähungen gewesen.

Der Vorsitzende des NSA-Untersuchungsausschusses, Patrick Sensburg (CDU), kündigte im "Tagesspiegel" an, das Thema im Ausschuss zu behandeln. Allerdings müsse nun zunächst die Kooperation zwischen US-Geheimdienst NSA und dem Bundesnachrichtendienst (BND) aufgeklärt werden.

Die Affäre um diese umstrittene Kooperation belastet seit Tagen die große Koalition. Der BND steht im Verdacht, der NSA dabei geholfen zu haben, befreundete Länder und Unternehmen auszuspähen. Die Opposition wirft der Bundesregierung vor, seit 2008 davon gewusst, dies aber bis vor kurzem bestritten zu haben. Sie fordert ebenso wie die SPD vom Kanzleramt die Herausgabe der Liste mit NSA-Suchanfragen.

(AFP)
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