Treffen Merkel-Obama Provokation als Perspektive

Meinung · Ist es eine gute Idee, wenn eine Frau sich mit dem Ex trifft, während sie Stress mit dem Partner hat? Die Frage stellt sich besonders, wenn die Beteiligten Angela Merkel, Barack Obama und Donald Trump heißen.

 Sie verstehen, sie respektieren und sie mögen sich: Barack Obama und Angela Merkel bei ihrem Treffen im November 2016 in Berlin.

Sie verstehen, sie respektieren und sie mögen sich: Barack Obama und Angela Merkel bei ihrem Treffen im November 2016 in Berlin.

Foto: AP/Michael Sohn

Es ist nicht wie 2017, als sie sich als beste Freunde gemeinsam von Zehntausenden vor dem Brandenburger Tor feiern ließen. Wenn Barack Obama an diesem Freitag während seiner Deutschland-Tour mit Bundeskanzlerin Angela Merkel zusammentrifft, geschieht dies ohne Rummel. Aber privat ist es nicht. Es ist ein politisches Signal, gerade in Zeiten, in denen Donald Trump, Obamas Nachfolger als US-Präsident, kaum eine Gelegenheit auslässt, Merkel und die Deutschen zu kritisieren. Erst jüngst wieder nahm er die Feiern zum Nato-Jubiläum in Washington zum Anlass, schlecht über den Partner Deutschland zu reden.

Die weit hinter dem Versprechen zurückbleibenden Verteidigungsausgaben Deutschlands sind nicht erst seit Trump ein Thema der US-Administration. Das war auch schon zu Obamas Zeiten so. Doch seinerzeit war es eingebunden in ein gemeinsames Verständnis von Zusammenarbeit und Solidarität. Trump hat das in ein Pokerspiel verwandelt, in dem sich die Beteiligten zum jeweils eigenen Vorteil abzuzocken versuchen. Bei der Münchner Sicherheitskonferenz hat Merkel viel Begeisterung für ihre Überzeugung geerntet, auch gegen die Richtungsvorgaben aus dem Weißen Haus unbeirrt am Multilateralismus festzuhalten und den protektionistischen Kurs Trumps offen als Gefahr für die Welt und auch für die USA selbst zu brandmarken.

Damit ist klar, dass ihr Treffen mit Obama weit mehr ist als das Schwelgen in guten Erinnerungen aus besseren Zeiten. Auch mehr als das Pflegen einer Freundschaft zwischen zwei Staatsleuten, die sich erst aneinander gewöhnen mussten, bevor sie ihre gegenseitige Sympathie entdeckten. Den geplanten Auftritt des Wahlkämpfers Obama vor dem Brandenburger Tor hatte Merkel im Frühsommer 2008 noch verhindert. Seinerzeit soll sie einen entsprechenden Hinweis des noch amtierenden Obama-Vorgängers George W. Bush erhalten haben, dass ein solcher Termin in Berlin nicht das beste Signal für den US-Wahlkampf sei.

Vor diesem Hintergrund bekommt die demonstrative Zusammenkunft mit Obama in Zeiten Trumps umso mehr Gewicht. Das Kanzleramt dürfte jedenfalls keine Empfehlung aus dem Weißen Haus bekommen haben, Obama zu empfangen. Manchmal sind zwar ehemalige Präsidenten mit ihren fortbestehenden Beziehungen wichtig und werden auch gezielt eingesetzt, um in Konfliktsituationen Brücken zu bauen. Aber diese Funktion kann und will Obama ersichtlich nicht übernehmen. Dazu ist auch sein eigenes Verhältnis zu seinem Nachfolger zu sehr von Kritik und Konflikt, ja in Teilen sogar Verachtung, geprägt.

Die Botschaft des Berliner Treffens besteht einfach darin, dass es eine Zeit vor Trump gegeben hat und die Akteure der partnerschaftlich orchestrierten Weltpolitik noch nicht verschwunden sind. Darin steckt folglich auch der Hinweis, dass es auch wieder eine Zeit nach Trump geben wird, mag sie bereits Anfang 2021 kommen oder erst 2025. Einfach gesagt: Wir können auch anders. Und anders ist besser. Welche Wirkung das auf Trump hat, ist nicht von Belang. Er bemüht sich ohnehin um größtmögliche Distanz sowohl vom Obama- als auch vom Merkel-Style, und zwar ganz unabhängig davon, ob die beiden sich treffen oder nicht.

Noch nicht klar ist, was Merkel sich für die Zeit nach ihrer eigenen Amtszeit vorstellt. Aber ein kleiner Fingerzeig könnte in dem politischen Signal des Treffens auch schon stecken – wie man auch als Ex noch Zeichen setzen und über funktionierende Kontakte Alternativen ausloten kann.

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