Arbeitgebertag in Berlin Merkel sagt Unternehmen Senkung des Rentenbeitrags zu

Berlin · Bundeskanzlerin Angela Merkel hat der Wirtschaft zugesagt, dass sich die große Koalition vermehrt um Investitionen und die Entlastung von Firmen kümmern werde. Ein Instrument soll dabei die Senkung des Rentenbeitrages sein, den die Arbeitgeber zahlen müssen.

 Angela Merkel sprach beim Arbeitgebertag in Berlin.

Angela Merkel sprach beim Arbeitgebertag in Berlin.

Foto: dpa, bvj lof

Angesichts des schwächeren Wachstums in Deutschland und Europa gehe es darum, die Investitionen über die von der Regierung ohnehin geplanten sieben Milliarden Euro in dieser Legislaturperiode zu erhöhen, sagte Merkel am Dienstag auf dem Arbeitgebertag in Berlin. Allerdings werde dies nicht über neue Schulden und nur unter Einbeziehung privater Investitionen gehen. Merkel sagte zudem eine Senkung der Rentenbeiträge zu und lehnte über den Koalitionsvertrag hinausgehende Ideen wie eine Antistress-Verordnung ab.

Arbeitgeber fordern Belastungsmoratorium

 Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer (rechts, BDA) und BDI-Präsident Ulrich Grillo.

Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer (rechts, BDA) und BDI-Präsident Ulrich Grillo.

Foto: dpa, bvj lof

Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer hatte zuvor die Regierung aufgefordert, der Wirtschaft keine neuen Belastungen aufzubürden. "Wir brauchen für den Rest der Legislaturperiode ein Belastungsmoratorium", sagte Kramer. Dass sich die Konjunktur erheblich eingetrübt habe, sei nicht nur der schlappen Wirtschaft in der Eurozone und geopolitischen Risiken geschuldet. Dies hänge auch mit den politischen Entscheidungen im ersten Halbjahr zusammen - von der Rente mit 63 bis zum Mindestlohn. "Das hat viel Unsicherheit in die Unternehmen gebracht und Investitionen gebremst, obwohl die konkreten Auswirkungen noch gar nicht sichtbar sind", sagte Kramer.

Krisenherde bremsen laut Merkel die Wirtschaft aus

Merkel verwies dagegen darauf, dass die Binnenkonjunktur in Deutschland stabil sei. Verantwortlich für die gesunkene Wachstumserwartung seien vor allem geopolitische Risiken sowie die Ukraine-Krise. Auch das geringe Vertrauen in die Eurozone sei ein Faktor. "Die Lage in der Eurozone ist extrem fragil", sagte sie. Es fehle den Reformanstrengungen an Glaubwürdigkeit, weil schon wieder Vorgaben des Stabilitätspakts infrage gestellt würden. EZB-Präsident Mario Draghi habe Recht, wenn er sage, dass Geldpolitik keine strukturellen Reformen ersetzen könne. Deshalb seien in der EU verbindliche Vereinbarungen nötig, wie die Länder ihre Wettbewerbsfähigkeit erhöhen wollen. Der Herbstbericht der EU-Kommission unterstützt dieses Bild. So sagt die Kommission Deutschland zwar ein Wachstum für die kommenden Jahre voraus, gleichzeitig wendet Deutschland aber nur knapp eine Rezession ab.

Merkel: Lohnnebenkosten unter 40 Prozent halten

Die Kanzlerin sagte zu, die Quote der Lohnnebenkosten trotz der Erhöhung des Pflegebeitrags weiter deutlich unter 40 Prozent zu halten. "Wir werden jetzt die Spielräume, die wir wahrscheinlich in der Rentenversicherung haben, nutzen, die Rentenbeiträge zu senken. Das ist angesichts der aktuellen konjunkturellen Herausforderung ein ganz wichtiges Signal", sagte sie. Auch solle die Entbürokratisierung vorangetrieben werden.

Differenzen zwischen Wirtschaft und Politik, aber auch in der großen Koalition gibt es dagegen weiter etwa bei den Werkverträgen. Merkel verteidigte ausdrücklich die geplante Neuregelung. Die Zahl der Werkverträge werde durch die Digitalisierung der Wirtschaft weiter zunehmen. Deshalb sei es gerechtfertigt, dass die Betriebsräte mehr Informationsrechte erhielten. BDA-Chef Kramer forderte dagegen den Verzicht der Koalition auf die verabredeten Neuregulierung von Werkverträgen und Zeitarbeit. Dies gelte auch für neue Rechtsansprüche auf Freistellungen von Arbeitnehmern sowie mehr Bürokratie durch Frauenquote, Eltern- und Pflegezeit. "Wer jetzt Wachstum Priorität geben will, sollte all diese Projekte wieder streichen", forderte Kramer.

Absage an flexible Rente

Merkel wies Überlegungen aus Gewerkschaften und SPD zurück, eine flexible Rente ab 60 Jahren einzurichten. Auch Plänen aus dem Arbeitsministerium nach Einführung einer Antistress-Verordnung stehe sie "sehr skeptisch bis ablehnend" gegenüber, sagte die CDU-Vorsitzende.

(REU)
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