Treffen mit Präsident Ader Angela Merkel kritisiert Ungarns neue Verfassung

Berlin · Bundeskanzlerin Angela Merkel hat bei einem Treffen mit Ungarns Präsident Janos Ader die jüngste Verfassungsänderung in dem osteuropäischen Land kritisiert.

 Angela Merkel und Janos Ader sind in Berlin zu einem Gespräch zusammengekommen.

Angela Merkel und Janos Ader sind in Berlin zu einem Gespräch zusammengekommen.

Foto: dpa, Soeren Stache

Die Kanzlerin habe für einen verantwortungsvollen Umgang mit der Zweidrittel-Mehrheit geworben, über die die Regierung in Budapest im Parlament verfüge, teilte ein Regierungssprecher am Dienstag mit.

Ungarn müsse die Sorgen der europäischen Partner etwa wegen der Beschränkung der Kompetenzen des Verfassungsgerichts ernst nehmen. Ministerpräsident Viktor Orban und seine konservative Fidesz-Partei hatten am Montag Verfassungsänderungen durchgesetzt, die weltweit als Einschränkung der Demokratie kritisiert werden.

Außenminister Guido Westerwelle äußerte sich bei seinem Treffen mit Ader ebenfalls kritisch. Bei dem Thema Verfassungsänderung habe es "einen offenen und in Teilen durchaus kontroversen Meinungsaustausch gegeben", sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amts.

Durch die Änderungen der Verfassung werden alle Entscheidungen des ungarischen Verfassungsgerichts seit 2012 ungültig. Zudem darf sich das Gericht bei Gesetzen nur noch mit Verfahrensfragen und nicht mit dem Inhalt beschäftigen. Das Parlament kann zudem die Ausreise von Bürgern, die für ihr Studium staatliche Hilfe erhielten, für mehrere Jahre verbieten.

Orban selbst kritisierte am Dienstag einen seiner Ansicht nach zu großen ausländischen Einfluss in seinem Land. Auf einer Wirtschaftstagung sprach er sich für den Aufbau eines staatlichen Bankensystems aus. Es gebe zu viele ausländische Kreditgeber. Er sicherte kleinen Unternehmen Hilfe zu, ihre auf Euro und Schweizer Franken lautenden Schulden in die Landeswährung Forint umzuwandeln.

Die Frage der Auslandsschulden sei vor allem eine Frage der Souveränität. Zugleich forderte der Regierungschef eine Zinssenkung. Unternehmen müsse es ermöglicht werden, für weniger als für die derzeit verlangten acht bis zehn Prozent Zinsen Kredite aufzunehmen.

Mit seiner Forderung nach mehr staatlichem Einfluss rückt Orban von dem in den meisten Ländern Osteuropas nach dem Sturz der kommunistischen Regierungen verfolgten neo-liberalen Wirtschaftskurs ab. Ungarn brauche keine Hilfe von außen, sagte Orban. Er werde ohne fremden Einfluss regieren.

"Der Kampf um Handlungsfreiheit ist der wichtigste Kampf", sagte er. Mit seinem politischen Kurs, der umstrittenen Verfassungsänderung und der Ernennung eines engen Vertrauten zum Zentralbankchef sorgt Orban auch für Unmut bei Investoren.

(REU/nbe/das)
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