Bundeswehr Deutschland wird in Nörvenich verteidigt

Nörvenich · "Großalarm" auf dem Fliegerhorst im Kreis Düren: Erstmals war die Bundeskanzlerin beim größten Jet-Geschwader der Bundeswehr.

 Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) besuchte am Montag die Soldaten.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) besuchte am Montag die Soldaten.

Foto: afp, PST

Er sei schon etwas nervös, gesteht Hauptfeldwebel Dennis Rosenkranz, der Angela Merkel in der großen, kahlen Halle die Pilotenausrüstung und den Schleudersitz zeigen soll. "Es ist schon etwas Besonderes, wenn man die Kanzlerin trifft", sagt der 34-Jährige. "Aber es ist mein System, ich weiß ja, woran ich arbeite, und da sollte ich auf jede Frage vorbereitet sein." Entsprechend souverän reagiert Rosenkranz, als Merkel ihn mit Handschlag begrüßt und alles Mögliche von ihm wissen will: Details zur Notausrüstung, wie Feuerstarter, Taschenmesser oder Leuchtstab. "Sie hat sehr viele Fragen gestellt", sagt Rosenkranz später. "Aber sie war dabei sehr offen und menschlich."

Die Kanzlerin war zu Besuch

Dass die Bundeskanzlerin am Montag die kleine 11.000-Einwohner-Gemeinde im Kreis Düren besuchte, hatte verschiedene Gründe: Der Luftwaffenstützpunkt Nörvenich ist besonders, nicht nur weil er der größte der Bundeswehr ist. Hier am Fliegerhorst traten am 2. Januar 1956 die ersten Freiwilligen ihren Dienst an, hier wurde die Luftwaffe gegründet, die in diesem Jahr 60-jähriges Bestehen feiert. Außerdem testet die Luftwaffe hier mit ihrem größten taktischen Luftwaffengeschwader "31 Boelcke" die Einführung des Eurofighters. Dieses Kampfflugzeug soll nicht nur wie bisher zu Verteidigungszwecken, sondern auch als Jagd- und Aufklärungsflugzeug eingesetzt werden.

Wie das klingt, durfte Angela Merkel dann auch gleich selbst erleben - 40 Soldaten hatten in detailreicher Abstimmung mit dem Bundeskanzleramt eine Waffen- und Geräteschau vorbereitet. Eine laute Angelegenheit, als Generalleutnant Karl Müllner (60) und Oberstleutnant Stefan Kleinheyer (48) der Bundeskanzlerin ihre Kampfflugzeuge vorführten: zwei Eurofighter und zwei weitere Jets bei einem Alarmstart, der nötig wird, wenn ein unbekanntes Flugzeug im deutschen Luftraum identifiziert werden muss.

143 Eurofighter hat die Luftwaffe bestellt, 110 sind bereits ausgeliefert. Nörvenich hat zurzeit 24 dieser doppelt überschallschnellen Jets zur Verfügung, von denen rund zehn in ständiger Alarmbereitschaft den Luftraum Norddeutschlands schützen. Für den Süden ist das Geschwader in Neuburg an der Donau zuständig. Das Nörvenicher Geschwader bereitet sich auch darauf vor, bis Januar 2018 sechs Eurofighter-Jagdbomber mit 180 Soldaten für die "Nato Response Force" zu stellen - die schnelle Eingreiftruppe des Bündnisses.

70 Millionen Euro

Aber auch wegen des Eurofighters ist der Fliegerhorst Nörvenich ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für die Region: In den vergangenen fünf Jahren wurden auf dem Nato-Flugplatz Nörvenich knapp 70 Millionen Euro zur Anpassung der Infrastruktur an das neue Waffensystem Eurofighter investiert. In den kommenden Jahren sind mehrere Neubauten wie Unterkünfte, ein Tower, eine Feuerwache, ein Stabsgebäude sowie ein Sanitätsversorgungszentrum geplant - bis 2020 sind für den Standort Investitionen von 87 Millionen Euro vorgesehen.

Der Verband steht beispielhaft für die zahlreichen Aufgaben, die die Bundeswehr in Deutschland und weltweit inzwischen übernehmen muss: 160 Soldaten mit fünf Kampfflugzeugen sind im Januar aus dem estnischen Ämari zurückgekehrt, wo sie seit August den Luftraum über dem Baltikum bewacht haben. Estland, Lettland und Litauen haben keine eigenen Abfangjäger und werden deshalb im Wechsel von Jets anderer Nato-Staaten geschützt. Etliche Soldaten sind in jeweils kleineren Gruppen - ob als Flugmediziner, Logistiker oder Spezialisten für militärische Sicherheit - auch bei weiteren Auslandeinsätzen der Bundeswehr aktiv, unter anderem in Mali, Afghanistan und der Türkei.

Jeder Fünfte aus dem Geschwader Nörvenich ist seit Oktober 2015 im Rahmen der Flüchtlingshilfe im Inland eingesetzt worden. Sie habe sich überzeugen können, dass dabei auf ebenso hohem Niveau gearbeitet werde, sagte Merkel am Montag. "Auch hier möchte ich noch mal ein herzliches Dankeschön sagen."

(mic)
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