Bundestag stimmt ab Merkel gibt Regierungserklärung zu Waffenlieferung in Irak ab

Berlin · Bislang war das ein Tabu - aber nun liefert auch Deutschland Waffen in ein Krisengebiet. Die Kurden im Irak werden ausgerüstet, um die Terrormiliz IS bekämpfen zu können. Merkel will die neue deutsche Haltung in einer Regierungserklärung begründen.

 Bundeskanzlerin Merkel will vor dem Bundestag die Waffenlieferungen begründen.

Bundeskanzlerin Merkel will vor dem Bundestag die Waffenlieferungen begründen.

Foto: afp, TC/tcs

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gibt an diesem Montag (14.00 Uhr) vor dem Bundestag eine Regierungserklärung zu den geplanten deutschen Waffenlieferungen in den Irak ab.

Die kurdischen Streitkräfte im Norden des Landes sollen bei ihrem Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) mit Material aus Beständen der Bundeswehr versorgt werden. Dazu gehören 40 Maschinengewehre, 500 Panzerabwehrraketen, mehrere tausend Sturmgewehre und 10.000 Handgranaten.

Der Rüstungsexport wurde am Sonntagabend im Kanzleramt von einer Ministerrunde unter Leitung der Kanzlerin beschlossen. Der Gesamtwert der Lieferungen beträgt etwa 70 Millionen Euro. Die Bundesregierung weicht damit von ihrer Linie ab, keine Waffen in Konfliktgebiete zu schicken. Begründet wird dies mit einem drohenden Völkermord und auch mit der Gefahr, dass IS-Terroristen in Europa Anschläge verüben.

Nach einer Aussprache stimmt der Bundestag auch über die Waffenlieferungen ab. Erwartet wird eine klare Mehrheit. Die Abstimmung hat aber nur symbolische Bedeutung - ein echtes Mitspracherecht hat der Bundestag in diesem Fall nicht. Die Linke als größte Oppositionspartei lehnt die Lieferungen strikt ab, weil Deutschland damit zur "Kriegspartei" werde. Auch die Grünen wollen mehrheitlich dagegen stimmen.

Nach Angaben von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen soll bis Ende September in Kurdistan ein Großverband von 4000 Soldaten ausgestattet werden. "Die Lage im Irak ist ?äußerst kritisch", sagte die CDU-Politikerin. Der IS warf sie "gnadenlose Brutalität" vor.

Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sagte: ?"Unsere Hilfe für den Irak und unser Vorgehen gegen IS fangen nicht mit Waffenlieferungen an und hören nicht mit Waffenlieferungen auf."

Im Einzelnen beschloss die Ministerrunde unter anderem die Lieferung von 30 Panzerabwehrwaffen vom Typ "Milan" mit insgesamt 500 Raketen sowie jeweils 8000 Sturmgewehre vom Typ G3 und G36. Auf der Liste stehen auch 40 Maschinengewehre und jeweils 4000 Schutzwesten und Helme. Zusätzlich stellt die Bundesregierung nochmals 50 Millionen Euro an humanitärer Hilfe bereit.

Die Ausbildung der Kurden an den Waffen soll grundsätzlich in Deutschland stattfinden. "Wenn dies nicht praktikabel ist, dann im Raum (der Kurdenhauptstadt) Erbil oder in einem Drittstaat", heißt es in dem Beschluss. Beteiligt waren auch Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD), Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sowie Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) und CSU-Chef Horst Seehofer.

Über die Parteigrenzen hinweg gibt es die Befürchtung, dass die Waffen am Ende in die falschen Hände gelangen könnten. Auch die Bundesregierung ist sich des Risikos bewusst. Steinmeier will deshalb dafür Sorge tragen, dass in Kurdistan keine Waffenlager angelegt werden. In Erbil sind schon die ersten sechs Bundeswehr-Soldaten vor Ort, um die Verteilung zu organisieren.

Auch mehrere andere Staaten haben sich bereits entschlossen, den Kampf gegen die IS mit Waffen zu unterstützen. Die USA und der Iran versorgen die Kurden bereits seit längerer Zeit. Innerhalb der EU haben Frankreich, Großbritannien und Italien entsprechende Beschlüsse gefasst.

(dpa)
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