Gastbeitrag von Andreas Pinkwart Green Deal für das Rheinische Revier

Meinung · Der nordrhein-westfälische Wirtschaftsminister will das bisherige Tagebaugebiet zwischen Aachen und Düsseldorf zu einer Modellregion für moderne Energien und Wasserstofftechnologie umbauen.

 Ein Pumpspeicherwerk ist auch im Aachener Revier geplant (Archiv).

Ein Pumpspeicherwerk ist auch im Aachener Revier geplant (Archiv).

Foto: picture alliance/dpa/Swen Pförtner

Das Rheinische Revier steht vor einem Neustart: Mit der Verabschiedung des Kohleausstiegs- und des Strukturstärkungsgesetzes ist nun endlich der rechtliche und finanzielle Rahmen gesteckt, unsere Vision für die Zeit nach der Braunkohle umzusetzen. Deutschland legt beim Kohleausstieg vor, und NRW geht voran! Das ist gerade für einen so starken Energiestandort eine Jahrhundertaufgabe und eine Chance: Das Rheinische Revier kann in den kommenden Jahren zum Vorreiter der Energiewende werden. Damit wird es sich zu einer echten europäischen Modellregion für Energieversorgungs- und Ressourcensicherheit entwickeln, die zur Blaupause für andere Kohleregionen weltweit werden kann.

Die Menschen im Rheinischen Revier leisten in diesem Wandel einen erheblichen Beitrag: NRW trägt bis 2030 die Hauptlast der Stilllegungen von Braunkohlekraftwerken. Ein Drittel der direkt betroffenen 9000 Arbeitsplätze in der Braunkohlewirtschaft wird in den nächsten Jahren entfallen. Bevor dies passiert, müssen dort wie auch bei den Zulieferbetrieben und bei den energieintensiven Unternehmen in der Region zukunftsfähige neue Arbeitsplätze entstehen. Der Schlüssel dazu sind innovative Technologien, deren Entwicklung wir nun mit Bundes- und Landesmitteln vorantreiben: für ein Energiesystem der Zukunft, für eine klimaschonende Industrie, für ressourceneffiziente und nachhaltige Stoffströme sowie innovative Mobilität.

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Das Rheinische Revier steht längst in den Startlöchern. Im Fokus stehen Bereiche, in denen das Revier über besondere Kompetenzen verfügt, in denen ein hohes internationales Wachstumspotenzial liegt und grundlegende Produkt- und Prozessinnovationen realisierbar erscheinen. Von den 40 Milliarden Euro, die bis 2038 für das Rheinische Revier, die Lausitz und das Mitteldeutsche Revier bereitstehen, werden 14,8 Milliarden Euro nach NRW fließen. Mit Unterstützung des Landes hat die Region rund 100 Projekte vorausgewählt, die erste Antworten auf die anstehenden Herausforderungen des Strukturwandels geben. Nun müssen wir zügig die besten Projekte umsetzen, damit daraus eine neue, leistungsfähige Wirtschaftskompetenz für das Rheinische Revier entstehen kann.

Wir setzen bei den Stärken des Rheinischen Reviers an und stellen durch das von den Akteuren in der Region erarbeitete Programm sicher, dass die Strukturmittel transparent und zielführend investiert werden.

Energiesystem der Zukunft Als Energiestandort kann das Rheinische Revier zum Umbau des europäischen Energiesystems beitragen. Ein Schlüsselprojekt ist beispielsweise die Umrüstung eines Großkraftwerkstandorts zum Wärmespeicherkraftwerk StoreToPower. Der Gigaspeicher soll die energieintensive Industrie gegen die Schwankungen des auf Erneuerbare gestützten, neuen Energiesystems absichern. Ein weiteres Beispiel: Der Brainergy-Park Jülich, ein als Reallabor ausgestatteter Technologie- und Gewerbepark, wird als Simulationsfläche und Demonstrationsplattform für das Energiemanagement der Zukunft fungieren.

Wasserstoffrevier Wasserstoff wird in den kommenden Jahrzehnten als Alternative zu fossilen Energieträgern an Bedeutung gewinnen – mit Schwerpunkt in den Sektoren Energie und Mobilität. Beim Forschungszentrum Jülich entsteht in Kürze ein Helmholtz-Cluster für nachhaltige Wasserstoffwirtschaft. Durch die hier vorangetriebene Weiterentwicklung von Infrastrukturen, Technologien und Produkten ergeben sich neue Märkte für Unternehmen in Europa. Eine wachsende Zahl von Unternehmen in der Region setzt auf Wasserstoff als Energieträger der Zukunft und entwickelt neue Produkte und Anlagen.

Unser Ziel ist es, die wirtschaftlichen Alleinstellungsmerkmale im Revier mit den gesellschaftlichen Anwendungsfeldern von Produkten und Technologien klug zu verbinden. Denn nur dort, wo technologische Kompetenz auf einen kaufkräftigen Markt trifft, kann die Wirtschaft einen Business Case entwickeln. Durch die Ansiedlung weiterer zukunftsweisender Betriebe wollen wir eine sich selbst verstärkende Dynamik auslösen. Eine Internationale Bau- und Technologieausstellung Rheinisches Zukunftsrevier wird als Schaufenster die in diesem Umfeld entstehenden „next practice“-Projekte präsentieren.

Vorreiter zu sein, erfordert Tempo: In diesem Sinne wollen wir das Rheinische Revier als eine Art Sonderwirtschaftszone weiterentwickeln: Beschleunigte Planung und optimierte Flächenangebote sollen Rahmenbedingungen für innovative Projekte schaffen. Mit dem Entfesselungspaket IV hat die Landesregierung bereits ein Bündel von Maßnahmen auf den Weg gebracht, um Projekte durch einfachere, pragmatische Verfahren sowie Regelungen zu unterstützen. Die im Konjunkturpaket von der Bundesregierung geplanten alternativen steuerlichen Abschreibungsmethoden können zusätzliche Handlungsspielräume eröffnen.

Unsere Ziele sind klar: Wir schaffen Wertschöpfung in den Kohleregionen und weit darüber hinaus, sichern die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen in einer nachfossilen und klimaneutralen Industrie und steigern gleichzeitig die Lebensqualität vor Ort. Gelingt es den Strukturwandel in all seinen Facetten erfolgreich zu gestalten, wird das Rheinische Revier Vorreiter im Sinne des europäischen Green Deals.

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