Asylstreit Nahles will mit Merkel und Seehofer über Asylpolitik verhandeln

Berlin · Die SPD-Chefin kritisiert die Union und schlägt einen eigenen Weg für schnellere Asylverfahren vor. Am Montagabend traf sich die SPD-Spitze zu einer Krisensitzung.

 Andrea Nahles (Archivbild).

Andrea Nahles (Archivbild).

Foto: dpa/Ralf Hirschberger

Als Reaktion auf die vermeintliche Kompromisslinie zwischen CDU und CSU im Asylstreit hat die SPD deutliche Kritik geübt. Der Streit in der Union sei vertagt, aber nicht gelöst worden, sagte SPD-Partei- und Fraktionschefin Nahles am Montagnachmittag in Berlin. Man erlebe eine Hängepartie. Eine Einigung zwischen CDU und CSU in der Asylpolitik bedeute nicht einen Automatismus für die Zustimmung der SPD, betonte Nahles.

Damit griff sie einen Begriff von Bundeskanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel auf, die keinen Automatismus für ausgeweitete Rückweisung an der Grenze sieht, sollte eine Einigung auf europäischer Ebene nicht binnen zwei Wochen möglich sein. Diese von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) gesetzte Frist hatte Merkel akzeptiert. Für Nahles und die Sozialdemokraten ist das Vorgehen nicht akzeptabel.

Nahles fordert Koalitionsausschuss

Nahles verlangte einen Koalitionsausschuss noch vor dem Europäischen Rat Ende Juni. Das Ziel: Mit Merkel und Seehofer direkt über die Asylpolitik verhandeln und ein eigenes Konzept vorschlagen. Dieses sieht laut Nahles vor, das 2016 verabredete beschleunigte Asylverfahren auch auf Fälle nach dem Dublin-Abkommen anzuwenden. Deren Asylersuchen könnten nach Nahles' Worten dann binnen einer Woche geklärt werden, um sie dann in jene EU-Länder zurückzuschicken, in denen sie zuerst registriert worden seien. Laut Nahles wäre dies eine schnelle, rechtssichere und europarechtskonforme Lösung.

Es geht nicht mehr um die Sache, sondern um Macht

Doch Seehofer dürfte sich darauf kaum einlassen, das ist auch vielen in der SPD bewusst. Um die Sache an sich geht es ja ohnehin nur noch am Rande. Vielmehr ist die Auseinandersetzung zu einem Machtkampf zwischen Merkel und Seehofer geworden, bei dem die Sozialdemokraten zunächst dazu verdammt waren, am Seitenaus zu stehen und dem Spektakel zuzuschauen. Doch von Nahles wird intern mehr als das verlangt. Sie muss die Haltung der SPD in der Asylpolitik zum Ausdruck bringen und möglichst durchsetzen. Doch diese Haltung steht parteiintern auch noch zur Debatte. Es gehe nur mit den europäischen Partnern, so lautet der Tenor seit Tagen. Nicht umsonst hissten die Sozialdemokraten am Montag die Europa-Flagge auf dem Dach ihrer Parteizentrale, wo sonst die Fahne der SPD weht.

Aber solche Symbole genügen nicht. Es geht um klare Botschaften, die man der CSU entgegenstellen könnte und die dennoch nicht nach „wir wollen alle Flüchtlinge ins Land lassen“ klingen. Denn am Ende hängt das Schicksal der SPD auch vom Ausgang des Asylstreits der Union ab. Knallt es in zwei Wochen zwischen CDU und CSU endgültig, hätte im Falle von Neuwahlen auch die SPD sehr düstere Aussichten angesichts von Umfrageergebnissen von weit unter 20 Prozent. Um das gemeinsame Vorgehen abzustimmen, trafen sich am Montagabend noch die Spitzen von Partei und Fraktion zu einer Krisensitzung im Willy-Brandt-Haus. Die Stimmung: sehr angespannt.

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