Asylpolitik Nahles: Weniger Hilfe für EU-Ausländer

Berlin · Zuwanderer aus dem europäischen Ausland sollen in Deutschland künftig nicht mehr automatisch Anspruch auf Sozialleistungen haben. Die Arbeitsministerin plant gesetzliche Beschränkungen.

Andrea Nahles - Fraktionsvorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion
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Wer mittellos aus dem europäischen Ausland nach Deutschland kommt, kann künftig nicht mehr mit Lebensunterhalt vom Staat rechnen. Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) will den Sozialhilfe-Anspruch von EU-Ausländern beschränken. "Es gibt ganz klar einen gesetzlichen Handlungsbedarf. Wir müssen die Kommunen davor bewahren, unbegrenzt für mittellose EU-Ausländer sorgen zu müssen", sagte Nahles unserer Redaktion.

Damit reagiert die Arbeitsministerin auf ein Urteil des Bundessozialgerichts von Anfang Dezember. Die Richter hatten geurteilt, dass Zuwanderer aus der Europäischen Union nach einem "verfestigten Aufenthalt" von sechs Monaten Anspruch auf Sozialhilfe hätten.

Es ging um den Fall einer Frau aus Bosnien, die mittlerweile schwedische Staatsbürgerin ist und mit ihren drei Kindern in Deutschland lebt. Ein Berliner Jobcenter hatte die Zahlung von Arbeitslosengeld eingestellt, da die Frau und ihre Tochter als ausländische Arbeitssuchende keinen Anspruch darauf hätten. Auch für die anderen beiden Kinder wurden die Zahlungen eingestellt. Nach dem Urteil der Sozialrichter sind nun die Kommunen für Fälle wie den der bosnischstämmigen Schwedin verantwortlich.

Die Kommunen sind Träger der Sozialhilfe. Die Höhe der Sozialhilfe entspricht für einen alleinstehenden Erwachsenen dem Hartz-IV-Regelsatz von derzeit 399 Euro im Monat (ab Januar 2016 sind es 404 Euro). Die Sozialhilfe erhalten mittellose Bürger, die keinen Anspruch auf Hartz IV haben. Hartz-IV-Leistungen, die wiederum vom Bund getragen werden, kann nur erhalten, wer schon länger als ein Jahr in Deutschland gearbeitet hat und als erwerbsfähig eingestuft wird.

Als Reaktion auf das Urteil schlugen die Kommunalverbände bereits Alarm. Der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, warnte, dass durch das Urteil mehr als 130.000 Personen auf einen Schlag Anspruch auf Sozialleistungen hätten. Zudem nannte er den Richterspruch einen "riesengroßen Pull-Faktor", also eine Einladung in das deutsche Sozialsystem für Menschen aus ärmeren EU-Ländern.

Was die konkrete Ausgestaltung des Gesetzes zur Beschränkung der Sozialleistungen für EU-Ausländer angeht, gab sich Nahles zurückhaltend: "Wie dieses Gesetz genau aussehen muss, kann ich erst sagen, wenn die vollständige Urteilsbegründung des Bundessozialgerichts vorliegt", betonte sie. "In dieser Frage werden wir uns dann innerhalb der Bundesregierung sicherlich schnell einigen können", zeigte sich die Ministerin zuversichtlich.

Die Union, die bereits Handlungsbedarf angemahnt hatte, begrüßte Nahles' Vorstoß. "Das sind wir den Kommunen, aber auch den Herkunftsländern schuldig", sagte CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt unserer Redaktion. "Alles andere wäre nicht nur eine weitere große Belastung für unser Sozialsystem, sondern fördert noch die Abwanderung aus den Heimatländern." Wenn die Sozialhilfe in Deutschland höher sei als das Einkommen im Herkunftsland, sei das ja geradezu eine Aufforderung zur Armutsmigration, betonte Hasselfeldt: "Das müssen wir unbedingt verhindern."

Arbeitsministerin Nahles will insbesondere die Kommunen vor Überforderung schützen: "Die Kommunen sind gerade erst bewusst von uns entlastet worden, sie haben noch neue Aufgaben durch die Flüchtlinge bekommen. Das wollen wir nun nicht durch die Hintertür wieder aushebeln."

(mar / qua)
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