Marathon-Koalitionsausschuss beendet Koalition einigt sich auf schnelleren Klimaschutz

Berlin · Nach 30 Stunden treten die Parteivorsitzenden von SPD, Grünen und FDP endlich vor die Presse. Man sei „hochzufrieden“ mit dem Ergebnis der Marathon-Verhandlungen im Kanzleramt, sagt SPD-Chef Lars Klingbeil. Auf 16 Seiten hat die Ampelkoalition aufgelistet, wie sie Deutschland modernisieren will.

Die Grünen-Spitze kommt zum Koalitionsausschuss im Kanzleramt.

Die Grünen-Spitze kommt zum Koalitionsausschuss im Kanzleramt.

Foto: dpa/Bernd von Jutrczenka

Es ist einer der längsten Koalitionsgipfel der vergangenen Jahre gewesen. Die Ampel-Spitzen saßen unterm Strich 30 Stunden lang zusammen. Doch am frühen Dienstagabend geht dann alles plötzlich ganz schnell. Ein Statement der drei Parteivorsitzenden Lars Klingbeil (SPD), Ricarda Lang (Grüne) und Christian Lindner (FDP) wird angekündigt, eine gute Viertelstunde später stehen sie im Reichstagsgebäude auf der Fraktionsebene und machen gute Miene zum müden Spiel: Es sei eine „längere“ Sitzung gewesen, sagt Klingbeil. Aber nach zweieinhalb Tagen Verhandlungen habe man nun die Garantie, dass es künftig schneller vorangehe in Deutschland, betont der SPD-Chef.

Planungsbeschleunigung, Verkehrswende, Wärmewende, Klimaschutzgesetz. Das sind die wichtigsten Punkte, über die man im Koalitionsausschuss geredet habe – und zu Ergebnissen gekommen sei. Ricarda Lang räumt ein, dass es „auf keinen Fall einfache Verhandlungen“ gewesen seien, sie spricht von einem „Ringen“, zuvor sei man auch „ruppig“ miteinander gewesen. Man habe aber stellvertretend für die Gesellschaft diskutiert. Die Ergebnisse seien besser gewesen, als wenn man mit sich selbst verhandelt hätte, so Lang. Und auch FDP-Chef und Finanzminister Christian Lindner findet, man solle künftig ruhig jeden Monat drei Tage lang zusammensitzen, wenn dabei solche Ergebnisse herauskämen. Doch was haben sie nun beschlossen, die drei Parteispitzen gemeinsam mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und anderen Mitgliedern der Regierung? Ein Überblick:

Verkehrswende und Planungsbeschleunigung

Ein wesentlicher Baustein der Beschlüsse sind die Ergebnisse beim Verkehr. So soll etwa die Ladeinfrastruktur weiter ausgebaut werden. Das Schienennetz soll einen erheblichen Turbo beim Ausbau bekommen. Die Investitionen in die Bahn sollen durch eine höhere Lkw-Maut finanziert werden. Einer der größten Streitpunkte im Vorfeld war der Ausbau des Straßennetzes. Den Grünen war dies ein Dorn im Auge. Künftig soll der Autobahnaus- und neubau zwar weiter möglich sein, doch zugleich sollen erneuerbare Energien entlang der Strecken immer mit ausgebaut werden — Solarflächen beispielsweise. Grünen-Chefin Lang sprach von einem Kompromiss.

Wärmewende

Die sogenannte Wärmewende betrifft den Tausch alter Öl- und Gasheizungen. Altgeräte sollen nicht angetastet werden, es soll nur um neue Geräte gehen. SPD-Chef Klingbeil versprach soziale Absicherungen. „Damit Bürgerinnen und Bürger nicht überfordert werden, wird zielorientiert geprüft, wie der ambitioniertere Austausch von Öl- und Gasheizungen aufgrund der Änderungen des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) gezielt und bürokratiearm aus dem Klima- und Transformationsfonds finanziell gefördert werden kann. Niemand wird im Stich gelassen“, heißt es im Papier. Lindner betonte vor dem Hintergrund, dass die Beschlüsse keine unmittelbaren Auswirkungen auf den Bundeshaushalt hätten.

Klimaschutzgesetz

Beim Klimaschutzgesetz ist eine wichtige Neuerung geplant: Künftig sollen nicht die einzelnen Sektoren mehr streng voneinander getrennt betrachtet ihre jährlichen Ziele erreichen. Nach einer Reform soll es möglich sein, eher auf Pfade zu schauen und beispielsweise Werte bis zur Wegmarke des Jahres 2030 zu erreichen. Zudem sollen Ziele sektorübergreifend erreicht werden können, sodass die beiden Bereiche Verkehr und Gebäude nicht mehr so stark unter Druck stehen. Künftig soll im ersten Jahr einer Legislaturperiode ein umfassendes sektorübergreifendes Klimaschutzprogramm beschlossen werden.

„Mit den Emissionsdaten des Vorjahres werden in Zukunft die prognostizierte Emissions- entwicklung für die Jahre bis 2030 und mit Blick auf 2035, 2040 und 2045 dargestellt. Das Vorjahresergebnis wird dahingehend bewertet, ob die zur Zielerreichung benötigte Minderungsmenge für jeden Sektor erreicht werden wird“, heißt es im Beschlusspapier. Alle Sektoren sollen aggregiert betrachtet werden. „Wenn die Projektionsdaten in zwei aufeinanderfolgenden Jahren zeigen, dass mit den aggregierten Jahresemissionen bis zum Jahr 2030 das Gesamtminderungsziel nicht erreicht wird, wird die Bundesregierung auf Basis der Vorschläge der maßgeblich für die Minderungsmengen der Sektoren verantwortlichen Bundesministerien Maßnahmen beschließen, die sicherstellen, dass das Minderungsziel bis 2030 dennoch erreicht wird“. Alle für die Sektoren verantwortlichen Bundesministerien, insbesondere jene, in deren Zuständigkeitsbereich die Sektoren liegen, die die Zielverfehlung verursacht haben, haben zu den Maßnahmen der Minderung beizutragen“, so das Abschlusspapier.

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