Sorgen über steigende Energiepreise Altmaier warnt vor sozialen Problemen
Berlin · Welche wirtschaftlichen und sozialen Probleme die stetig steigenden Energiepreise verursachen könnten, scheint nun auch in der Politik angekommen zu sein. Umweltminister Peter Altmaier (CDU) warnte am Wochenende vor sozialen Verwerfungen durch die Energiewende. Auch die SPD will die Energiepolitik stärker auf Industrie- und Verbraucherinteressen ausrichten. Unterdessen ist die Koalition uneins, ob ein eigenes Energieministerium zur Umsetzung der Energiewende vonnöten ist.

Das ist Peter Altmaier
Der Parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Stefan Müller, hält in der nächsten Legislaturperiode ein eigenständiges Energieministerium für sinnvoll. "Ein zentraler Ansprechpartner und die Zuständigkeiten in einer Hand können für noch mehr Effizienz in der Energiepolitik sorgen", sagte Müller der "Welt am Sonntag". Auch Bremens Bürgermeister Jens Böhrnsen wünscht sich neues Bundesministerium für Energie.
Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) hält dies nicht für erforderlich. Die Bundesregierung arbeite "geschlossen und gemeinsam" an der Umsetzung der Energiewende, sagte Rösler am Samstag am Rande des Landesparteitags der niedersächsischen FDP in Osterholz-Scharmbeck. Die Zuständigkeiten seien aber "zu Recht auf unterschiedliche Ministerien" verteilt, die "in hervorragender Weise" kooperierten.
Altmaier will Strom bezahlbar halten
Unterdessen wächst in der Politik die Sorge, dass die Energiewende zu starken Preiserhöhungen führen könnte. "Wenn wir nicht aufpassen, dann kann die Energiewende zu einem sozialen Problem werden", sagte Umweltminister Altmaier der "Bild am Sonntag". Die Frage der Bezahlbarkeit von Energie sei aus den Augen verloren worden. Die Politik muss dafür sorgen, dass die Energiepreise für Bürger und Wirtschaft nicht über das absolut notwendige Maß hinaus steigen. "Für mich hat höchste Priorität, dass Strom bezahlbar bleibt", betonte der CDU-Politiker. Für September kündigte er ein Treffen mit Vertretern von Sozialverbänden, Verbraucherschützern und Politik einschließlich Kommunen an.
"Die Energiefrage darf nicht zur sozialen Frage des 21. Jahrhunderts werden", warnte auch Hessens SPD-Chef Thorsten Schäfer-Gümbel. Seine Partei habe einen völlig anderen Zugang zur Energiewende als die Grünen, sagte er dem "Spiegel". Die SPD mache Energiepolitik nicht für nur jene, "die sich problemlos höhere Preise leisten können". SPD-Chef Sigmar Gabriel will zudem die Wirtschaft im Blick behalten. "Wir dürfen die Industrie nicht weiter belasten", zitiert das Nachrichtenmagazin den SPD-Vorsitzenden.
Umweltminister Altmaier verknüpft zugleich sein persönliches politisches Schicksal mit dem Gelingen der Energiewende: "An der Antwort auf die Frage, ob es mir gelingt, die Energiewende flott zu machen, wird sich entscheiden, ob ich ein guter und erfolgreicher Umweltminister bin", sagte der CDU-Politiker, der erst im Mai die Nachfolge von Norbert Röttgen im Umweltressort angetreten hatte.
"Wir haben Fehler gemacht"
Altmaier zweifelt zudem daran, alle Ziele der Energiewende erreichen zu können. Es stelle sich die Frage, ob es gelinge, den Stromverbrauch bis zum Jahre 2020 um 10 Prozent zu senken, sagte er der "Bild am Sonntag". "Wenn wir das noch irgendwie schaffen wollen, dann bedarf das riesiger Anstrengungen", fügte er hinzu. Möglicherweise werde es auch deutlich weniger Elektroautos geben, als bislang angenommen. Altmaier räumte Fehler in der Vergangenheit ein. So habe es "Prognosen zur Höhe der Strompreise gegeben, die dann revidiert werden mussten". Außerdem sei nicht jedem "der Koordinierungsbedarf bei der Energiewende klar" gewesen. "Da sind Fehler gemacht worden. Diese Fehler müssen wir jetzt korrigieren."
Zweifel am Zwei-Grad-Ziel
Altmaier sieht außerdem ohne mehr Einsatz für verpflichtende Klimaschutzmaßnahmen das Ziel, die Erderwärmung auf zwei Grad zu begrenzen, in akuter Gefahr. "Das Zwei-Grad-Ziel war von Anfang an ein sehr ehrgeiziges Ziel, das nur erreicht werden kann, wenn alles gemäß Drehbuch verläuft", sagte Altmaier der Deutschen Presse-Agentur. Es habe aber viele Rückschläge gegeben.
Altmaier trifft an diesem Montag und Dienstag mit Ministern aus 35 Staaten in Berlin zum 3. Petersberger Klimadialog zusammen. Auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) will dabei in einer Rede mehr Tempo anmahnen. Beim letztjährigen Klimagipfel war beschlossen worden, bis 2015 einen Weltklimavertrag auszuhandeln. Alle Details sind aber bisher unklar.
Das Zwei-Grad-Ziel war 2010 von den UN-Staaten beschlossen worden.
Es wird davon ausgegangen, dass sich die Folgen des Klimawandels nur bewältigen lassen, wenn die Erderwärmung nicht stärker ansteigt.