Altersvorsorge Union und SPD streiten über Rente mit 69
Berlin · Die Rentenkommission ist gestartet. Bis 2020 soll sie herausfinden, wie die Rente auch künftig sicher ist.
Die zehn Mitglieder der Rentenkommission sollen bis 2020 ein kleines Wunder vollbringen: Sie sollen der Bundesregierung empfehlen, wie die Rente auch für künftige Rentnergenerationen ab 2025 ungefähr auf dem heutigen Niveau gesichert werden kann, ohne dass aber die Beiträge drastisch steigen. Am Mittwoch nahm das Gremium, das von den langjährigen Rentenpolitikern Gabriele Lösekrug-Möller (SPD) und Karl Schiewerling (CDU) geleitet wird, seine Tätigkeit auf.
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hatte angekündigt, er wolle die Empfehlungen der Kommission möglichst noch in dieser Legislaturperiode gesetzlich umsetzen. Dagegen spricht allerdings, dass die Rentendebatte in den nächsten Bundestagswahlkampf hineingezogen werden dürfte.
Festgelegt hatte sich die große Koalition bisher lediglich auf ein Sicherheitsversprechen für die Jahrgänge, die bis 2025 in Rente gehen werden: Ihnen garantiert die Koalition, das so genannte Rentenniveau – das ist grob ausgedrückt der prozentuale Anteil einer Durchschnittsrente am Durchschnittslohn – bis 2025 auf 48 Prozent zu stabilisieren.
Der Beitragssatz zur Rentenversicherung soll gleichzeitig bis 2025 nicht über 20 Prozent der Bruttomonatsgehälter steigen. Derzeit liegt er bei 18,6 Prozent. Diese „doppelte Haltelinie“ würde die Koalition gerne langfristig halten, allerdings dürfte das ohne einen drastischen Anstieg des Steuerzuschusses zur Rentenversicherung oder die weitere Anhebung des Renteneintrittsalters vom Jahr 2030 an kaum zu schaffen sein. Am Dienstag hatte der Gesamtverband der Versicherer (GdV) entsprechend gefordert, das Rentenalter ab 2030 von 67 schrittweise auf 69 Jahre anzuheben.
Die Rentenkommission muss vor allem zwei Entwicklungen berücksichtigen: die demografische Entwicklung und die aktuellen rentenpolitischen Vorhaben der Koalition, die zu Mehrausgaben der Rentenversicherung führen. Von 2025 an wird sich die Überalterung der Gesellschaft nochmals beschleunigen. Geburtenstarke Jahrgänge werden dann in Rente gehen.
Die Koalition will nun aber auch noch die Leistungen für die aktuellen Rentnergenerationen verbessern. So sollen Mütter von drei oder mehr vor 1992 geborenen Kindern einen zusätzlichen Rentenpunkt erhalten. Zudem soll eine Grundrente für Geringverdiener eingeführt werden. Beides will die Koalition aus Beitragsmitteln finanzieren.
Während die SPD eine weitere Erhöhung des Renteneintrittsalters strikt ablehnt, zeigte sich die Union offen. „Keine der Maßnahmen sollte jetzt vorschnell tabuisiert werden“, sagte Unionsfraktionsvize Hermann Gröhe dem Bayerischen Rundfunk. Gröhe ist Mitglied der Rentenkommission. Wenn die Kommission die Arbeit aufnehme, „dann wäre es ganz falsch, bei den vier oder fünf Stellschrauben jetzt schon an jede einen Zettel zu hängen: An der bitte auf keinen Fall drehen“, sagte er.
Gewerkschaften lehnen höheres Rentenalter strikt ab
Die Arbeitgeber zeigten sich überraschend kritisch. „Anstatt heute schon über das Renteneintrittsalter von übermorgen zu diskutieren, sollte sich die Politik lieber darauf konzentrieren, Frühverrentungsanreize zu beseitigen und teure Leistungsausweitungen zu vermeiden“, sagte der Chef der Arbeitgeberverbände, Steffen Kampeter. „Beim Renteneintrittsalter sehen die Arbeitgeber keinen akuten Handlungsbedarf.“ Doch dürfe das Thema kein Tabu sein.
Die Gewerkschaften lehnen ein höheres Rentenalter strikt ab. „Schon heute schaffen es nur wenige bis zur regulären Rente“, sagt DGB-Vorstand Annelie Buntenbach, auch Mitglied der Kommission. „Nur jeder sechste 64-Jährige arbeitet noch in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis.“ Zwar arbeiteten die Menschen im Schnitt länger, aber nur eine Minderheit erreiche die Rente aus einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung heraus. „Je größer der Abstand zwischen realem und gesetzlichem Renteneintrittsalter ist, desto höher sind die Abschläge. Das Renteneintrittsalter anzuheben ist damit nichts anderes als ein Rentenkürzungsprogramm“, so Buntenbach.