Euro-Skeptiker paktieren mit britischen Konservativen Wegen AfD: Linke erwartet Renaissance der Lagerwahlkämpfe

Berlin/Brüssel · Im Europaparlament haben die deutschen Euro-Kritiker der Alternative für Deutschland eine politische Heimat gefunden. Die Linke erwartet angesichts der Partei derweil eine Renaissance der Lagerwahlkämpfe.

Zehn Fakten und Hintergründe zur AfD
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Zehn Fakten zur AfD

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Foto: dpa, Bernd von Jutrczenka

Für Angela Merkel dürfte der gestrige Donnerstag eine Zäsur darstellen: Bislang hat die CDU-Chefin alle Versuche kleiner Parteien abgewehrt, die sich rechts neben der Union etablieren wollten. Doch nun haben die britischen Konservativen im Europaparlament die Abgeordneten der euro-kritischen "Alternative für Deutschland" (AfD) aufgenommen — und damit möglicherweise einer Etablierung der Eurokritiker auch auf Bundesebene Vorschub geleistet.

Parteichef Bernd Lucke wertete die Entscheidung als "Anerkennung und Aufwertung der AfD". Die Kanzlerin und weitere Mitglieder der CDU-Führung wollten dies hinter den Kulissen bis zuletzt verhindern. Denn Merkel hat versprochen, auf Bundesebene nicht mit der AfD zusammenzuarbeiten.

Auf europäischer Ebene könnte dies aber nun sehr wohl der Fall sein. Denn in der Vergangenheit war die EVP im EU-Parlament, zu der auch CDU und CSU gehören, wiederholt auf die EKR-Fraktion ("Europäische Konservative und Reformisten") angewiesen, um Mehrheiten zu bilden. Zur EKR-Fraktion gehören neben den Tories unter anderem die polnische Partei "Recht und Gerechtigkeit", liberal-konservative Tschechen sowie die als rechtspopulistisch geltenden "Wahren Finnen". Offenbar sprachen sich Camerons Tories in der geheimen Abstimmung zwar selbst gegen die Aufnahme der AfD aus, wurden aber überstimmt.

Riexinger warnt vor schleichendem Akzeptanzgewinn

EVP-Fraktionschef Weber betonte, im neuen Parlament gebe es weder links noch rechts von der Mitte eine Mehrheit. Deshalb sei eine Zusammenarbeit der EVP mit den Sozialdemokraten unerlässlich — also eine große Koalition. Das bedeutet: in Zukunft soll keine Kooperation mit der EKR mehr nötig sein.

Die britischen Tories sind 2009 aus der EVP ausgetreten, weil diese ihnen zu europafreundlich war. Mit der Aufnahme der AfD ist die EKR nach aktuellem Stand drittstärkste Gruppierung im EU-Parlament.

In Berlin gingen Unionspolitiker auf Tauchstation. Umso redseliger gab sich die Opposition: Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt sprach denn auch von einer "herben Niederlage" für Angela Merkel. Ihre Fraktion im Europaparlament kooperiere regelmäßig mit den Europäischen Konservativen. "Wer in Brüssel Hand in Hand mit der AfD geht, kann in Deutschland nicht glaubwürdig behaupten, eine Koalition mit der AfD auszuschließen", sagte die Grüne.

Linke-Parteichef Bernd Riexinger warnte vor einem schleichenden Akzeptanzgewinn für die AfD und forderte die Union auf, ihr Verhältnis zu den Euro-Kritikern zu klären. "Ohne glasklare Abgrenzung sind Rechtsregierungen im Osten eine reale Gefahr", sagte Riexinger unserer Redaktion. Die einzige echte Alternative dazu sei eine Linksregierung. Riexinger sagte deshalb "eine Renaissance der Lagerwahlkämpfe" voraus.

(RP)
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