Staatsakt für verstorbenen CDU-Politiker Alt-Kanzler Schmidt ehrt Barzel als "formidablen Gegner"

Berlin (rpo). Beim Staatsakt für den im August verstorbenen CDU-Politiker Rainer Barzel im Bundestag in Berlin hat der ehemalige Bundeskanzler Helmut Schmidt (SPD) seinen einstigen Kontrahenten als "formidablen politischen Gegner" gewürdigt. Zugleich bezeichnete Schmidt Barzel als einen Freund.

Barzel sei "mit dem Herzen ein sozial gesonnener" und aus Vernunftgründen marktwirtschaftlich orientierter Politiker gewesen, sagte Schmidt. Barzel sei ein Staatsmann gewesen, der zum Wohle seines Landes gehandelt habe.

Die amtierende Bundeskanzlerin Angela Merkel schloss sich den Worten Schmidts an. Merkel (CDU) nannte Barzel einen Patrioten und überzeugten Europäer. "Rainer Barzel hat sich in besonderer Weise um unser Land verdient gemacht", sagte Merkel in Berlin. Barzel, der von 1971 bis 1973 CDU-Vorsitzender war und 1972 als Kandidat beim konstruktiven Misstrauensvotum gegen den damaligen Bundeskanzler Willy Brandt (SPD) scheiterte, war von 1983 bis 1984 Bundestagspräsident. Er starb am 26. August im Alter von 82 Jahren in München.

Merkel erinnerte daran, dass Barzel bei allen Kontakten mit der DDR immer die deutsche Frage offen gehalten habe. Zu den "tragischen Seiten" Barzels gehöre sein Scheitern beim konstruktiven Misstrauensvotums. "Heute wissen wir, dass die Staatssicherheit beim Scheitern Rainer Barzels ihre Hand im Spiel hatte." Es sei bewunderungswürdig, dass Barzel darüber "nicht bitter geworden" sei.

Auf die Freundschaft zwischen Barzel und Ex-Kanzler Helmut Schmidt (SPD) eingehend, fügte die Kanzlerin hinzu, auch heute noch könne man daraus lernen, wie Konsens gesucht, "aber auch mit Dissens verantwortungsvoll umgegangen werden kann". Gleiches gelte für seine Überzeugung, christliche Werte in der Politik nicht zu vernachlässigen. Die CDU verliere mit Barzel einen großen Politiker und der Bundestag einen passionierten Parlamentarier.

Schmidt erinnert an Barzel-Rede

Schmidt erinnerte zugleich an eine Rede Barzels vom vergangenen Jahr, in dem dieser das Parlament aufgefordert habe, sich der Massenarbeitslosigkeit in Deutschland in Debatten anzunehmen und am Schluss zu einem weitgehend einvernehmliche, gemeinsamen Handeln zu kommen. Zugleich habe Barzel mehr Bescheidenheit gefordert und den Politikern das "prestigesüchtige Projekt" eines ständigen Sitzes im UN-Sicherheitsrat ebenso vorgehalten wie "den Beton-Aufwand der bundessseitigen Bauten" in Berlin.

Mit Blick auf die deutsch-polnischen Beziehungen verwies Schmidt zudem auf Barzels "stetiges Bemühen um gute Nachbarschaft mit unseren Nachbarn im Osten Mitteleuropas". Wer die gegenwärtige Atmosphäre zwischen Deutschen und Polen erlebe, müsse erkennen, "dass die heutigen Irritationen keineswegs allein von der anderen Seite ausgehen", mahnte der frühere Regierungschef.

Schmidt, der wie Barzel während der Großen Koalition Ende der 60-Jahre Vorsitzender einer der beiden Regierungsfraktionen war, betonte, damals hätten beide gelernt, einander zu vertrauen. Mit Barzels Tod habe man "einen großen Mann verloren, der zugleich ein guter Kamerad" gewesen sei.

(afp2)
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